Seite 130 - Fallersleben

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Dem historischen Erbe verpflichtet
BÄRBEL WEIST
Der Denkmal- und Kulturverein
Das historische Gasthaus und Geburtshaus des Dichters
Heinrich Hoffmann von Fallersleben wurde im August
1978 von der Bauaufsicht der Stadt Wolfsburg wegen
dringend notwendiger Renovierungsarbeiten ge-
schlossen. Das Gebäude stand längere Zeit leer und
verfiel: Fenster wurden eingeschlagen, Ziegel fielen
vom Dach, durch die offenen Stellen drangen Regen
und Schnee in das Gebäude; Holzbalken fingen an zu
faulen. Schließlich wurde ein Zaun errichtet. Die Be-
völkerung war ärgerlich. Im Jahr 1979 bildete sich eine
„Aktionsgemeinschaft zur Erhaltung des historischen
Hoffmannhauses“. Dieser Initiative gehörten Fallers-
leber und Wolfsburger Bürger/innen, u.a. der Verleger
Otto Sroka, und Theodor Kröger von der Hoffmann-
von-Fallersleben-Gesellschaft sowie Ortsbürger-
meisterin Bärbel Weist an. Die Stadt hatte Substanz-
untersuchungen durchgeführt und verschob die
geplan­te Sanierung immer wieder. Die Aktions­
gemeinschaft rief daraufhin eine Bausteine-Aktion ins
Leben. Backsteine wurden mit Gold- und Silber-Bronze
bemalt und verkauft. Die Aktion hatte eine enorme
Resonanz; die Menschen spendeten, um das Hoff­
mannhaus vor dem Verfall zu retten. Schließlich fand
mit Unterstützung des Ortsrates im Schulzentrum eine
Bürgerversammlung statt. Die „Bürger“ ließen „Dampf
ab“. Im Frühjahr 1981 wurde der Baubeginn festgelegt.
Am 15. Dezember 1980 wurde bei einem Fallers-
leber Notar der „Verein zur Erhaltung historischer Bau-
denkmäler“ zur Eintragung in das Vereinsregister an-
gemeldet. Zu dieser Gründung kam es, weil viele
Spender/innen Interesse an einer Spendenbe-
scheinigung hatten. Diese konnte die Aktionsgemein-
schaft nicht ausstellen. Der Heimat- und Verkehrs-
verein hatte kein Interesse, die Gemeinnützigkeit zu
beantragen und zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.
Dem historischen Erbe verpflichtet: Die Heimat- und Kulturvereine
So kam es nach mehreren Sitzungen der Aktions-
gemeinschaft zur Gründung des Denkmalvereins. Bei
der Vereinsanmeldung waren Jörg Blankenburg, Hans-
Heinrich-Möller, Claus Kunze, Karl-Heinz Wehrhoff,
Karl Kiene und Bärbel Weist dabei.
Die Gründung eines Vereins zwang sich seinerzeit
auf. Im Oktober 1980 hatte die Stadt aufgrund verschie­
de­ner baulicher Mängel auch das Schloss räumen las­
sen. Die von der Verwaltung erstellte Vorlage, Substanz-
untersuchungen durchzuführen und dafür 200.000 DM
bereitzustellen, wurde vom Ortsrat einstimmig ab-
gelehnt. Die Bevölkerung und die Ortspolitiker waren
skeptisch. Die Menschen befürchteten, dass es dem
Schloss ähnlich ergehen würde wie demHoffmannhaus.
Die Aktionsgemeinschaft und anschließend der neu
gegründete Verein zur Erhaltung historischer Bau-
denkmäler setzten alle Hebel in Bewegung, um auf das
Schloss aufmerksam zu machen. Die Einbindung des
Instituts für Denkmalpflege hatte Erfolg. Von der Stadt
wurde ein baugeschichtliches Gutachten gefordert und
verlangt, alle Maßnahmen „einvernehmlich“ mit dem
Institut durchzuführen. In der Presse wurde berichtet:
Schloss wird nun mit Samthandschuhen angefasst. Von
einem höchst wertvollen Gebäude war die Rede.
1982 beantragte der Denkmalverein die Aufnahme
des Schlosses in die „Rote Mappe“ des Niedersäch­
sischen Heimatbundes. Im gleichen Jahr beschloss der
Rat die Fortführung der Substanzuntersuchungen;
1984 wurde ein Nutzungskonzept erstellt, 1985 die
Wiederherstellung der Standsicherheit beschlossen. Die
Vorsitzende des Vereins, Ortsbürgermeisterin Bärbel
Weist, hatte sich zuvor an den Nieders. Minister für
Wissenschaft und Kunst Johann-Tönjes Cassens ge-
wandt. Dieser überzeugte sich an Ort und Stelle und
war beeindruckt. Auch der Landeskonservator Dr.
Königfeld besuchte auf Einladung des Denkmalvereins
das Schloss. Durch diese Initiativen erreichte der Ver-