Seite 132 - Fallersleben

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Herausragend in der Region
ANDREAS STOLZ
Von Ochsen am Spieß, schillernden Pop-Gruppen
und Kirchenliedern.
Das weiß Karl Kiene, im Jahr 2010 Vorsitzender des
Fallersleber Blickpunkts, noch nach mehr als drei Jahr-
zehnten: „Am Denkmalplatz, in Höhe der Germania,
haben wir gestanden und in Richtung Hoffmannhaus
die Westerstraße hinunter gesehen. Und uns ent-
schieden: „Das soll unsere Festmeile sein, diese Straße
sperren wir für drei Tage!“ Gedacht – getan. Die
Westerstraße wurde Feiermeile. Sie blieb das Herz des
Fallersleber Altstadtfests – auch wenn sich eine der
größten jährlichen Freiluftpartys in der Region auf
weitere Flächen im historischen Kern des Ortes aus-
gedehnt hat. Aus kleinen Anfängen zu einem Magneten
für Massen von Menschen: Das Altstadtfest hat im
Laufe der Jahre Hundertausende angezogen. Daran
war in den Anfängen, im Jahr 1976, noch nicht zu
denken gewesen. Zunächst galt es einmal, einen
thematischen Aufhänger zu finden. Karl Kiene und
Jürgen Rückert vom Blickpunkt erinnern sich: „Wo wir
nun mal in der Hoffmannstadt sind und waren, da
gab‘s nur eins. Der Dichter musste herhalten. 135 Jahre
Lied der Deutschen, die Nationalhymne war unser Auf-
Herausragend in der Region: Das Altstadtfest
hänger.“ Bei der musikalischen Theorie beließen es die
Altstadtfestpioniere nicht. Sie fragten beim Heeres-
musikkorps in Hannover an, ob die Militärmusiker
nicht willens wären, mit der Nationalhymne – und
mehr – in der Geburtsstadt des Dichters zu gastieren.
Eine Anfrage, die auf ranghoher Ebene entschieden
wurde: Ein General sagte ja und das Heeresmusikkorps
rollte zum 1. Altstadtfest an.
Marktmeister war damals der Fleischermeister
Ernst Rückert – ein Mann mit Autorität. Er vergab die
Stände und Stellplätze. Kein leichtes Unterfangen.
Reibereien um den besten Raum und Rahmen gab es
unter den Schaustellern schon hin und wieder. Markt-
meister Rückert war gefragt. Sein Sohn Jürgen und
Karl Kiene erinnern sich: „Da hat der Ernst so manches
Mal ein Machtwort sprechen müssen. Danach war‘s
gut!“ Wie es um mögliche Reibereien vor der Altstadt-
fest-Premiere bestellt war, davon ist nichts überliefert.
Wohl aber von einer kulinarischen Besonderheit zum
Auftakt: Einem 300 Kilogramm schweren Ochsen am
Spieß! Jürgen Rückert blickt zurück: „Den habe ich
persönlich geschlachtet. Auf dem LKW haben wir ihn
vom Wolfsburger Schlachthof nach Fallersleben ge-
bracht, ihn mit vier Leuten mit Lake abgespritzt und
gewürzt.“ So weit so gut. Was das Grillgut angeht!
Denn eine logistische Leistung hat in diesem Zu-
sammenhang noch nicht im Blickpunkt gestanden. Das
Heranschaffen eines gigantischen Spießes und Grills,
auf dem der mächtige Ochse gedreht werden konnte,
bis sein Fleisch gegart war. In Halchter bei Wolfen-
büttel machte man – bei einem Fleischer – solch eine
Gerätschaft ausfindig. Gestell und Rohr hatten ihre
Tauglichkeitsprüfung beim Besitzer schon bestanden,
und der war bereit, Grill-Starthilfe beim 1. Fallersleber
Altstadtfest zu leisten. Das Unternehmen Transport
wurde problemlos bewältigt, eine Überraschung stand
dennoch ins Haus. Als die Hoffmannstädter das Ge-
Stützen des Altstadtfestes: (v.l.n.r.) Jürgen
Rückert, Karl Kiene, Joachim Mertke.