Seite 138 - Fallersleben

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Seit dem späten 20. Jahrhundert eigene Pfarrei
WERNER STRAUSS
Bis in das 19. Jahrhundert hinein hatte die katholische
Kirche im Raum um Fallersleben neben dem Protestan­
tismus eine eher nachrangige Bedeutung. Erst im Zuge
der Industrialisierung zugewanderte Saisonarbeiter aus
Polen, die in den landwirtschaftlichen Betrieben und
aufkommenden Fabriken, wie der Zuckerfabrik Fallers-
leben oder im Kalibergbau in Ehmen Arbeit fanden,
brachten einennennenswertenZustromvon katholischen
Gläubigen. Für die Katholiken im dama­ligen Königreich
Hannover bzw. der späteren preu­ßischen Provinz
Hannover war die Diözese Hildesheim zuständig.
Allerdings war Fallersleben anfänglich dem Kirchen-
sprengel von St. Ludwig in Celle zugeordnet, was zur
Folge hatte, dass vor jedem Kirchenbesuch die beschwer-
liche Anreise per Bahn nach Celle anzutreten war.
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In den Jahren 1912 bis 1918 betreuten Geistliche aus
Oebisfelde die katholischen Glaubensangehörigen. Im
Hotel Freese (heutiges Hoffmannhaus) wurde der erste
katholische Gottesdienst in Fallersleben abgehalten.
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Nach den Oebisfelder Pfarrern war der Pfarrer der
katholischen Gemeinde in Gifhorn für die Seelsorge der
Gläubigen in Fallersleben und seinem Umland ein-
gesetzt.
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Fast gleichzeitig mit der Stadtwerdung erhielt
Fallersleben 1929 eine hölzerne katholische Kapelle, die
dem Erzengel Michael geweiht wurde.
Seit dem späten 20. Jahrhundert eigene Pfarrei: Die katholische St. Marien-Gemeinde
Die Ansiedlung des Volkswagenwerkes und die
Gründung Wolfsburgs als „Stadt des KdF-Wagens“ im
Jahre 1938 waren eine Zäsur auch für die hiesigen kirch-
lichen Verhältnisse. Durch deutsche und italie­nische Bau-
arbeiter, die bei diesem Großprojekt eingesetzt waren,
veränderte sich die soziale und konfes­sionelle Zu-
sammensetzung der Bevölkerung in diesem Raum. Der
Anteil der Katholiken wuchs weiter und führte zur Ein-
setzung eines Geistlichen seitens des Bistums Hildesheim
in der „Stadt des KdF-Wagens“. Pfarrer Antonius Holling,
in späteren Jahren Dechant der katholischen Kirche in
Wolfsburg, betreute ab 1940 während der Kriegszeit
auch die Katholiken in Fallersleben seelsorgerisch.
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Die
HeiligeMesse konnte zunächst nur in der Michaelskapelle
in Fallersleben gefeiert werden. Im Jahre 1943 lebten in
der „Stadt des KdF-Wagens“ und im Raum Fallersleben
ungefähr 3.000 katholische Gläubige, ohne die An-
gehörigen dieser Konfession unter den Zwangsarbeitern,
KZ-Häftlingen und Kriegsgefangenen einzubeziehen, die
vor allem im damaligen Rüstungsbetrieb Volkswagen-
werk Zwangsarbeit verrichteten.
Unter den zahlreichen Heimatvertriebenen aus den
deutschen Ostgebieten, die nach Kriegsende in den
hiesigen Raum kamen, befanden sich zahlreiche
Katholiken, so dass in Fallersleben die Zahl der
Gemeindeangehörigen von zuvor etwa 500 auf 1.138
im Jahr 1947 anstieg. Der zuständige Hildesheimer
Bischof Joseph Godehard Machens erklärte daraufhin
1946 den Bezirk zu einer Pfarrvikarie, in der in den
Folgejahren eine Reihe von Pfarrern Dienst taten.
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Schon damals wurde klar, dass die kleine Michaels­
kapelle den zeitgemäßen Anforderungen an ein Gottes-
haus nicht mehr gewachsen war. Deshalb entschloss
sich das Bistum zu einem Kirchenneubau in Fallers-
leben, der 1953 begonnen wurde.
Das stadtgeschichtliche Ereignis der Grundstein-
legung fand das Interesse von hunderten von Gläubigen,
Die Michaelskapelle.