Seite 142 - Fallersleben

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Sterne am Küchenhimmel
ANDREAS STOLZ
Küchenmeister Hartmut Leimeister – Zwischen
Hummer und Hamburger
„Es gibt nur ein Leben – Fallersleben!“ Hartmut
Leimeister nimmt dieses geflügelte Wort ganz gern
augenzwinkernd auf, wenn man ihn danach fragt,
warum er seit Jahrzehnten, genau gesagt seit 1989,
seine Zelte in der Stadt des Dichters August Heinrich
Hoffmann aufgeschlagen hat. Was nicht heißt, dass der
Mann nicht mobil war oder ist. Aber sein beruflicher
und sein persönlicher Mittelpunkt sind für den 1957
geborenen Leimeister örtlich deckungsgleich. Lei­
meister hat Fallersleben kulinarisch nicht nur um
einige Nuancen bereichert. Er hat Vorbildfunktion für
die Köche, denn er hat mit seinen kulinarischen
Künsten dafür gesorgt, dass in der gutbürgerlichen
gastronomischen Landschaft ein Stern aufging. Hart-
mut Leimeister wurde vom Restaurant-Führer Michelin
in die Riege der Sterneköche aufgenommen. Was
gleichzeitig den Ritterschlag für die Einrichtung be-
deutete, in der der Koch arbeitet: Das Hotel Ludwig mit
seinem Restaurant La Fontaine. Der Komplex wurde
Ende der 1980er Jahre von der Wittinger Brauerei
übernommen. Willi und Carsten Schulz-Hausbrandt
sorgten dafür, dass Hartmut Leimeister beste Be-
dingungen für eine „Spitzenküche auf der Grundlage
regionaler Produkte“ hatte.
Ein Blick auf den Beginn: Sein beruflicher Weg
führte den Küchenmeister aus Franken – in Markt-
heidenfeld wurde Hartmut Leimeister geboren – über
den Taunus, den Schwarzwald, die Insel Sylt und die
Stadt Hamburg nach Fallersleben. Seine Küchen-
meister-Prüfung legte Leimeister in Heidelberg ab. Sein
Herz hat er am Neckarstrand aber nicht verloren –
sonst wäre er ja nicht weitergezogen. Einigen Größen
der Gilde hat der Koch in den Topf und über die Schulter
geschaut. Er hat bei Harald Wohlfahrt in der Tonbacher
Sterne am Küchenhimmel – Hartmut Leimeister im Restaurant „La Fontaine“
Traube am Herd gestanden, für die Gäste von Jörg
Müller auf Sylt Speisen zubereitet und von Lothar Eier-
mann in Friedrichsruh gelernt. In der Hansestadt
Hamburg, im Le Canard, hieß Leimeisters „Lehr-
meister“ Josef Viehauser. Wenn er auf die Zeit zurück-
blickt, in der er sein Handwerk gelernt hat, zeigt der
Wahl-Fallersleber eine kulinarische Entwicklung auf.
Ausgehend vom Tantris in München setzte eine neue
Welle ein, die deutsche Küche wurde zu einer „sehr
guten kulinarischen Adresse“. Hartmut Leimeister setzt
auf dieses Rezept. In seinem Fokus steht die „frische,
leichte Küche der Jahreszeit“. Was das fürs Angebot
bedeutet, konkretisiert der Koch mit den Worten: „Im
Winter gibt‘s bei mir keine Erdbeeren.“ Auch nicht in
einer Zeit, in der Erdbeeren global rund um die Uhr
geordert werden könnten. Der saisonale Schwerpunkt
bringt in der kalten Jahreszeit Äpfel, Birnen und ein-
gemachtes Steinobst als Dessert auf die Speisekarte
und den Tisch. Berühmtheit, nicht nur in der näheren
Umgebung, hat Hartmut Leimeisters hausgemachter
Rumtopf erlangt. Fallerslebens Lage prädestiniert
jahreszeitlich für eine weitere Spezialität: Den Spargel.
Selbstverständlich steht der saisonal auf der Karte des
La Fontaine – mit fast allen erdenklichen „Beigaben“.
Wofür der Sternekoch ebenfalls ein besonderes Händ-
chen hat, das sind Wildgerichte. Feinschmecker, die
frischen Hummer bevorzugen, sind in Fallerslebens
Spitzenrestaurant, das längst über den Status eines
Geheimtipps hinaus ist, an der richtigen Adresse. Im
gastronomischen Aushängeschild „Fontaine“ fischt der
Sternekoch die gepanzerten Spezialitäten selbst aus
dem Bassin.
Rotarier, Soroptimistinnen, viele Mitglieder von ge-
sellschaftlich-gemeinschaftlich orientierten Service-
clubs wissen Leimeisters Küche zu schätzen. Der be-
grüßt in seinem Restaurant jedoch nicht nur die High
Society, sondern legt Wert darauf, jeden anzusprechen,
Töpfen und Pfannen verbunden: Küchen-
meister Hartmut Leimeister an seiner
Wirkungsstätte.