Seite 23 - Hans_Steffens

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an die Portraits von Alten Meistern an-
knüpft. Die Bildnistradition kennt das
sog. Kniestück (die Darstellung eines
Menschen vom Kopf bis zum Knie)
als eine Formel, in der sich oft hohe
Würdenträger, Adelige oder Herrscher
darstellen ließen — allerdings mit erns-
ter Miene, bedeutenden Attributen und
weniger offensichtlichem Vergnügen an
der Situation als hier die hauswirtschaf-
tende Oberbürgermeisterin.
Ein anderes Mal posiert Fuchs in
einem eleganten Kleid. Um ihre Hüfte
trägt sie einen Gürtel, in den ein lan-
ges Schwert gesteckt ist, das ihr bis
zu den Knien reicht. Ihre Gestalt ist
hochaufgerichtet und wird durch den
nach oben gereckten Kopf optisch noch
verlängert. Sie scheint im Begriff, mit
dem linken Arm das Schwert zu greifen,
ganz so, als ob sie es gleich ziehen wolle.
Steffens wählt Bildmittel, die zu einer
Monumentalisierung der in der Reali-
tät eher mittelgroßen Person führen:
Untersicht erzeugt den Eindruck einer
riesenhaften Erscheinung, und grelle
Ausleuchtung enthüllt die Figur in all
ihrer Körperfülle. Obwohl ihre Gestalt
leicht in der Seitenansicht gegeben ist,
wird durch die frontale Ausrichtung des
Gesichtes der Eindruck eines spontanen
Hinwendens zum Betrachter suggeriert.
Steffens’ Bild statuiert Martha Fuchs
also als eine Frau, die vor Tatendrang
und Kraft geradezu strotzt. Doch auch
hier zeigt er wieder die Doppelnatur des
öffentlichen Bildes der Martha Fuchs:
Die martialische Geste des Griffes
zum Schwert wird konterkariert durch
heiteres Posieren und durch die offen-
sichtliche Lust, im Blitzlichtgewitter der
Pressefotografen zu stehen.
Steffens und Fuchs müssen sich im
öffentlichen Leben der Stadt beinahe
täglich begegnet sein. Zahlreiche
Bilder im Nachlaß zeugen davon. Aus
der häufig schelmischen Übereinkunft
zwischen Dargestellter und Bildreporter
läßt sich schließen: ein Vertrauensver-
hältnis hatte sich herausgebildet. Beider
Wissen um die Ungewöhnlichkeit eines
weiblichen Oberbürgermeisters, gepaart
mit beidseitiger professioneller Distanz
zur eigenen Tätigkeit, führte im Idealfall
zu Bildern, die durchdrungen sind vom
ironischen Bewußtsein symbiotischer
Koexistenz.
Martha Fuchs bei der Einweihung der neuen MTV-Sportanlage im Kennel
1964
17,2 x 22,7