Seite 21 - Herzog_Heinrich

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III
Appingedam – Anfang August 1514
Ihrer Heerschar voran, reiten Heinrich von Wolfenbüttel und Johann von Ol-
denburg nach Westen. Der Graf ist nicht nur des Weges kundig. Auch der
Ursache für die friesische Fehde weiß er auf den Grund zu gehen. Wie er dem
Herzog erzählt, liegt sie schon viele Jahre zurück: 1472 hatte Arnold von
Egmont die Grafschaft Geldern an Karl den Kühnen von Burgund verpfändet.
Der hatte 1473 davon Besitz ergriffen, die Egmonts vertrieben und sich selbst
vom Kaiser mit Gelderland belehnen lassen. Nach seinem Tod geriet dieser
entlegene Teil der Niederlande zum Zankapfel zwischen Maximilan I. und
dem König von Frankreich. Der eine, als Schwiegersohn Karls des Kühnen,
beanspruchte Geldern für dessen Enkel, dem anderen war dies ein Dorn im
Auge. Mit französischer Hilfe gelang es dem noch lebenden Grafen Karl von
Egmont, Geldern zurückzugewinnen und seine Unabhängigkeit zu erklären.
Das wiederum behagte Maximilian nicht. Ebenso wenig die Umtriebe des Gra-
fen Edzard von Ostfriesland, der bei seinem Nachbarn Karl von Geldern
Unterstützung fand. Edzard wiegelte die Bauern auf, sich den Ansprüchen des
Erzbischofs von Bremen um das Gebiet zwischen den Mündungen von Jade
und Weser ebenso zu widersetzen, wie denen des Grafen von Oldenburg. Den
beiden kam Heinrich der Ältere bereits 1501 zu Hilfe. Schließlich wollte er sei-
nem Sohn Christoph in Bremen den Weg nach oben ebnen.
In diesen regionalen Streit um Macht und Geld griff Maximilian einmal mehr
ein. Er ersetzte den als Statthalter des Reiches in Friesland zu Tode gekomme-
nen Herzog Albrecht von Sachsen durch dessen Sohn Georg. Um Karl von
Geldern so recht die Faust des Stärkeren zu zeigen, betrieb er die Ächtung des
unbotmäßigen Friesen. Damit gewann er Heinrich den Älteren, sich abermals
in ein kriegerisches Abenteuer zu stürzen.
Vom Anhäufen weiterer Schulden abgesehen, hatte der Braunschweiger wenig
ausrichten können, 1513 dennoch erneut Truppen angeworben, um die über
Edzard verhängte Reichsacht im Bunde mit Georg von Sachsen zu vollziehen.
Während dieser imWesten Groningen belagerte, wollten Heinrich der Ältere und
Johann von Oldenburg gemeinsam Ostfriesland für Kaiser und Reich unterwer-
fen; zuvor noch schnell das bäuerliche Budjadingen. Um bei der Aufteilung des
kleinen Landstriches ja nicht zu kurz zu kommen, schlossen sich die übrigen Wel-
fenfürsten an. Nach vollbrachter Tat gönnte man sich daheim eine Winterpause.
Mit Rückendeckung durch den Kaiser, bestärkt durch die inzwischen über
Edzard verhängte Reichsacht, kamen sie im Frühjahr 1514 wieder. Ganz Ost-
friesland wollten sie untereinander aufteilen.
Vor Leerort ist den Verbündeten erst einmal einen Strich durch die Rechnung
gemacht worden – durch die von einem Kind abgefeuerte Kugel.