ihm beliebt – im Norden bleibt der Widerstand ungebrochen. Besonders die
großen Städte verweigern jede Unterwerfung in Glaubensfragen. Andererseits
droht dem Kaiser das Zerwürfnis mit dem Papst, der ihm mit seinem Geld
zum Sieg über den gemeinsamen Feind verholfen hat und nun vergeblich auf
die gewaltsame Ausrottung der lutherischen Lehre wartet. Soeben erst hat
Paul III. die in Trient tagende Kirchenversammlung nach Bologna verlegt, von
einem Bistum des Reiches in den Kirchenstaat! Unberechenbar bleiben die
Türken und auch der Friede mit Frankreich steht seit dem Tod des alters-
schwachen Franz I. auf wackeligen Beinen. Sein Sohn, der neue König Hein-
rich II., ist voller Tatendrang und nur zu gern gewillt, seinen Vorteil aus einem
Bündnis mit den Gegnern des Kaisers in Deutschland zu ziehen. Auch Eng-
land ist kein verlässlicher Verbündeter mehr, seit der alte Sünder Heinrich
VIII. ebenfalls verblichen, sein einziger männlicher Erbe und Nachfolger
Edward VI. unmündig, schwach und kränklich ist.
‘Und da gebärdet sich Kaiser Karl wie unser aller Herrgott!’ beendet Moritz
bissig seine Betrachtung, ‘und das nun ohne Granvelle, der mit viel Geschick
für ihn die Fäden zog. Es mag noch nicht bis Wolfenbüttel gedrungen sein –
auch der aalglatte Großkanzler ist nämlich vor kurzem zur Hölle gefahren!’
Von seinem nicht minder besorgten Eidam Hans erfährt Heinrich noch einiges
mehr: Außer dem Interim verfolgt der Kaiser das Ziel, einen Reichsbund den
Ständen aufzuzwingen. Absprachen zwischen ihnen sollen verboten sein; das
Kammergericht, der Oberbefehl über ein stehendes Reichsheer, die Erhebung
von Steuern der Kontrolle kaiserlicher Bürokratie unterstellt, Seiner Majestät
alleiniger Autorität!
Heinrich schweigt. Eigentlich hätte er dagegen nichts einzuwenden – schließ-
lich ist er mit dem Machtwort des Reichsoberhauptes stets gut gefahren. Wenn
man ihn im eigenen Land nur gewähren lässt, pfeift er auf die unwägbare
Fürstenfreiheit! Doch dann horcht er auf.
‘Man spricht darüber,’ flüstert Hans von Küstrin, ‘dass Karl seinem Sohn Phi-
lipp, dem düsteren Spanier, auch im Reich die Nachfolge sichern will. Wen
bangt da nicht vor der Zukunft – –‘
‘– – und was sagt König Ferdinand dazu?’ fragt Heinrich, ebenfalls tonlos.
Der Markgraf zuckt die Achseln: ‘Das wüsste ein jeder gern, der darüber
gehört hat. Ferdinand zeigt ein fröhliches Gesicht, ist leutselig nach allen Sei-
ten und steht loyal zu seinem Bruder. Vielleicht wollen einige Böswillige nur
Zwietracht sähen zwischen den Habsburgern, streuen Gerüchte aus.’
‘Die Stadt ist voll davon, Hans! Sie ekeln mich an!’
‘Das walte Gott!’ murmelt der andere, nicht ganz überzeugt.
Eigentlich wollte der Herzog von den oberdeutschen Städten, die dem Schmal-
kaldischen Bund angehört hatten und dafür jetzt Federn lassen müssen, auch
seinen Teil abhaben. Das schaut nicht einmal ungünstig für ihn aus. Auf seine
unannehmbar hohen Forderungen werden ihm Gegenvorschläge unterbreitet.
Auch wollte er dem Kaiser persönlich Dank abstatten für die Übersendung
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1548 bis 1553