Seite 88 - Kirchenbuch

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K l aus Jürgens
kamen Ende des 13. Jahrhun-
derts nach Braunschweig. Die
Größe ihrer Kirchenschiffe,
etwa dasjenige der Brüdern­
kirche in Braunschweig, deutet
daraufhin, dass man hier in be-
sonderer Weise den Menschen
der Stadt predigen wollte.
Gegen Ende des Mittelalters,
wann genau wissen wir nicht,
vermutlich vom Beginn des 15.
Jahrhunderts an, finden sich
unter den Klerikern der Stadt-
kirchen zunehmend Kapläne,
die den besonderen Auftrag
zur Predigt hatten, die
Prädi-
kanten
. In Braunschweig gab
es um 1500 herum 14 Prädi-
kanten, an den großen Stadt-
kirchen wie Martini und Ka-
tharinen wurden sogar 3 Prädikanten beschäftigt. In der Regel
wurde während der Frühmesse gepredigt. Da auch die Mönche
alle Sonn- und Festtage predigten, war an der Verkündigung an
sich kein Mangel. Zur Anleitung und Hilfe gab es für die Prediger
verschiedene „vorbereitete Predigten“, wie etwa die
sermones pa-
rati de tempore et de sanctis
, die gleich in vier Städten (Nürnberg,
Köln, Straßburg und Hagenau) gedruckt worden waren, ein Zei-
chen für deren Verbreitung und Beliebtheit.
Einen „ruhigen Schlaf“ versprachen die ebenfalls sehr beliebten
und verbreiteten „Dormi secure“ (
Sermones Dominicales Dormi
secure de tempore et de Sanctis
) des Franziskaners Johann von
Werden (de Verdena, †1473). Die Umsetzung in die Volkssprache
mussten freilich die Prädikanten selber leisten.
Die Reformatoren haben diese Predigten heftig kritisiert. Wenn
Luther klagte, es werde nicht christlich gepredigt, war nicht das
Predigen als solches gemeint, sondern der Inhalt, der im Wesent-
lichen „gute Werke“ statt Glauben, dazu Heiligenlegenden und
Fabeln anstelle des biblischen Wortes ausmachte. Nicht selten
Abb. 1:
Braunschweig,
Brüdernkirche –
St. Ulrici, Innenansicht
vom Hohen Chor
zum Altar,
Foto: Jutta Brüdern