Seite 17 - Muenzbuch

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Die Otto-Adelheid-Pfennige
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Schmelzprozess wurde das Silber so weit ver-
feinert, wie es für den Prägevorgang erforderlich
war, indem man meist Kupfer hinzumischte, das
so genannte ‚Legieren’. Al lein schon aus
technischen Gründen bestand eine Münze nicht
aus reinem Silber, sondern wurde in einer vorher
festgelegten Legierung produziert und nach
‚Schrot und Korn’ beurteilt. Unter ‚Schrot’ ver-
steht man das Gesamtgewicht (Raugewicht)
einer Münze, unter ‚Korn’ das Feingewicht, also
den Anteil des Edelmetalls. Wurden ursprüng-
lich die Schrötlinge einzeln in Formen gegossen,
stel lte man später in der weiterentwickelten
Technik durch einen Gießvorgang dünne Barren
her, so genannte ‚Zaine’, aus denen die Schröt-
linge mit der Blechschere ausgeschnitten wurden
und teilweise vor dem Prägevorgang noch f lach
geklopft werden mussten. Den Rand der Schröt-
linge galt es schließlich zu bearbeiten und zu
glätten.
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In die Prägestempel, auch ‚Eisen’ genannt, wurden in Handarbeit Bild und Schrift eingraviert.
Damit betraut waren die ‚Stempelschneider’, gesuchte Kunsthandwerker, die anfangs oft aus dem
Kreis der Goldschmiede kamen. Dazu nutzten sie Stichel, Meißel und Schaber. Für die immer wieder-
kehrenden Teile des Münzbildes und für die Buchstaben verwendete man gerne Punzen, kleine Metall-
stückchen, die erhaben geschnitten waren und beim Einschlagen in der Oberf läche des Stempels ein
negatives Bild erzeugten. Der fertig geschnittene Eisenstempel wurde schließlich gehärtet, damit er
für den eigentlichen Prägevorgang verwendet werden konnte (Abb. 2).
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Bei der ‚Hammerprägung’ schlug der Münzarbeiter mit einem schweren Hammer auf den Ober-
stempel, den er auf den Schrötling aufgesetzt hatte. Der Schrötling seinerseits lag auf dem Unter-
stempel, der in einen Stock oder Amboss eingelassen war. Durch den Hammerschlag drang das Metall
des Schrötlings gleichzeitig in die Gravuren beider Stempel ein; es entstanden gleichzeitig auf beiden
Münzseiten erhabene Reliefs.
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1. Die Otto-Adelheid-Pfennige
Unsere Kenntnisse über die Münzprägung in Deutschland zwischen dem 10. und Beginn des 12. Jahr-
hunderts lassen sich zu einem beträchtlichen Teil aus den Münzfunden erschließen, die in Skandinavien,
Russland, Polen und im Baltikum ans Tageslicht kamen. In den dortigen Schatzfunden sind die
deutschen Münzen am reichhaltigsten vertreten. Auf deutschem Boden sind verhältnismäßig wenige
Münzfunde aus jener Zeit entdeckt worden, da die Bevölkerung größtenteils auf dem Lande lebte und
für den Warenaustausch nicht auf Geld angewiesen war. Ein großer Teil der deutschen Münzen, die
zwischen etwa 900 und 1100 in ca. 170-190 Münzstätten produziert wurden, f loss durch den Fern-
handel nach Ost- und Nordeuropa.
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So stammten 42% aller 221.448 wikingerzeitlichen Münzen, die
bis 1989 in Schweden gefunden wurden, aus deutschen Münzstätten.
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Viele davon sind anonyme
Münzsorten, die weder Münzherr noch Münzstätte nennen. Dazu gehören die so genannten Sachsen-
oder Wendenpfennige, die wohl zur Zeit Ottos I. (936-973) vom Magdeburger Raum ausgegangen
sind
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, vielfach nachgeprägt wurden und in Polen weit verbreitet waren, aber auch die häufigen ‚Otto-
Adelheid-Pfennige’.
Abb. 2:
Rückseitenstempel des
Brillendoppeltalers des
Herzogs Julius von Braun-
schweig-Wolfenbüttel aus
dem Jahr 1587. –
Städtisches Museum
Braunschweig Inv.-Nr.
85.310.