Seite 44 - Muenzbuch

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Die Zeit der Taler und der Reichsmünzordnungen 1499 – 1617
Ältere noch ganz im Mittelalter. Im 14. und 15. Jahrhundert waren die Braunschweiger Herzöge fast
völlig als Münzherren ausgeschieden. Ihre ehemaligen Münzstätten waren in den Besitz der Städte
übergegangen. Städtische Prägungen hatten weitgehend die fürstlichen Münzen ersetzt. So galt der
Pfennig der Stadt Braunschweig lange auch als Landesmünze (siehe oben S. 79). Mit wenigen Aus-
nahmen produzierten die Welfenherzöge erst wieder gegen Ende des 15. Jahrhunderts und zu Beginn
des 16. Jahrhunderts eigenes Geld.
Die Münzprägung Heinrichs des Älteren
Relativ spät in seiner Regierungszeit begann die Münzprägung im Namen Heinrichs des Älteren.
Noch 1498 bestätigte der Herzog der Stadt Braunschweig beim Versuch einer Münzreform (siehe oben
S. 91) den Braunschweiger Pfennig als Landesmünze
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; 1499 erkannte er bei der Einführung der
Groschenprägung in der Stadt Braunschweig die neue Münze als für das gesamte Fürstentum gültig
an (siehe unten S. 100). Kaiser Maximilian I. gewährte am 1. August 1505 Herzog Heinrich das Privileg
der Prägung von Silber- und Goldmünzen, das heißt von Talern und Goldgulden, die dann aber erst
unter seinem Sohn Heinrich dem Jüngeren hergestellt wurden.
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1508 kaufte der Herzog die an die
Stadt Helmstedt verpfändete Münzstätte zurück (siehe oben S. 81 f.). In der Zwischenzeit hatte er im
Jahre 1506 laut Schichtbuch der Stadt Braunschweig
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in Helmstedt Hohlmünzen nach dem Meißener
Schlag und ‚dichte’ Münzen prägen lassen.
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Keine der bis heute erhaltenen Münzen lässt sich sicher
diesen Prägungen des Jahres 1506 zuordnen.
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1510 erhielt der Braunschweiger Berthold Lücke (Bartold Lucke), Münzmeister in Helmstedt,
genaue Instruktionen des Herzogs über die insgesamt sieben Sorten von Münzen, die er zu prägen
habe. 1512 folgten erneut Prägeinstruktionen des Herzogs für fünf Sorten, darunter große Silber-
münzen, auf denen die Aufschrift
Sancte Ludiger ora pro nobis
(= Heiliger Ludiger, bete für uns) zu
lesen sein solle.
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Bis heute ist eine solche Münze nicht im Original aufgetaucht.
Von Herzog Heinrich dem Älteren kennen wir im
Unterschied zu anderen Münzherren seiner Zeit noch keine
Großsilbermünzen. Mariengroschen und einseitige Pfennige
herrschten vor. Von den Prägungen, die in den Instruktionen
an den Helmstedter Münzmeister genannt werden, lassen
sich heute nicht mehr alle nachweisen.
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Am häufigsten
findet man noch die silbernen Mariengroschen, benannt
nach dem Bild der Maria auf der Rückseite (Abb. 102)
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.
Mariengroschen waren erstmals 1505 in Goslar geprägt worden. Nach und nach führten auch
andere niedersächsische Städte und die Welfenherzöge den Mariengroschen ein, im Jahre 1510 nicht
nur Herzog Heinrich der Ältere, sondern auch die Stadt Braunschweig.
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Der Mariengroschen wurde
für 50 Jahre die vorherrschende Währungsmünze in Niedersachsen.
Äußerst selten dagegen sind Longinusgroschen, benannt nach dem auf der Rückseite abgebildeten
Heiligen Longinus (Abb. 103).
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Longinus, ein römischer Soldat, der nach Johannes die Seite Christi
geöffnet hatte und der laut mittelalterlicher Legende blind war,
durch einen Tropfen heiligen Blutes aber sehend wurde, war der
Patron der mittelalterlichen Wolfenbütteler Schlosskapelle. Daraus
aber auf eine Prägestätte in Wolfenbüttel zu schließen, wie es
Paul Jonas Meier vermutet hatte
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, ist nicht gerechtfertigt. Die Münze trägt auf der Vorderseite den
Buchstaben B, der für Braunschweig stehen dürfte. Weniger wahrscheinlich ist seine Interpretation als
Initiale des Münzmeisters Berthold Lücke. Die Münze wurde von Buchenau zu den Helmstedter
Prägungen gezählt.
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Sie könnte aber auch in Braunschweig geprägt worden sein.
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Abb. 102:
Braunschweig-Wolfen-
büttel, Heinrich der Ältere,
Mariengroschen ohne Jahr
(1510-1512), Münzstätte
Helmstedt, Münzmeister
Berthold Lücke (?). – Silber.
2,31 g. 26mm. – Nieder-
sächsisches Münzkabinett
der Deutschen Bank
Hannover, Inv.-Nr.
01.097.002.
Vorderseite:
*
HINRICVS · DEI · GRACIA  
·MO · NO (= Heinrich von
Gottes Gnaden, neue
Münze); Krückenkreuz, in
den vier Winkeln die
Wappenschilde Braun-
schweig, Lüneburg, Eber-
stein und Homburg.
Rückseite:
SALVE · REGINA ·MIE · VITA 
· DVL; Brustbild der Maria
mit dem Jesuskind im Arm
und einem Kreuzzepter.
Abb. 103:
Braunschweig-Wolfen-
büttel, Heinrich der Ältere,
Kleiner Longinusgroschen
ohne Jahr, Münzstätte
Braunschweig oder Helm-
stedt? – Silber. 1,06 g.
21mm. – NORD/LB
Inv.-Nr. 4536.
Vorderseite:
MO · NO · H · D · G · S · DVX ·
I · BRUN (= neue Münze
Heinrichs des Älteren, von
Gottes Gnaden Herzog in
Braunschweig); die beiden
auf einem Band hängenden
Wappenschilde von Braun-
schweig und Lüneburg.
Unten B.
Rückseite:
S LOGINE · ORA · PRO NO
(= Heiliger Longinus, bete
für uns); gepanzerter
Heiliger Longinus mit Lanze
von vorn stehend hält
Schild mit zwei Löwen als
Wappen.