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Sechstes Kapitel
DIE ZEIT DER GROSSEN MÜNZKONVENTIONEN
IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT
Nach dem Ende der Kipperzeit im Braunschweiger Land war man wieder zu den alten Münz-
ordnungen des 16. Jahrhunderts zurückgekehrt. Die alten Münzfüße wurden grundsätzlich bei-
behalten, obwohl sie sich als unvorteilhaft herausgestellt und zur Geldkrise am Anfang des Dreißig-
jährigen Krieges geführt hatten. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es erneut zu
Krisenerscheinungen, hervorgerufen unter anderem durch Besitzumstrukturierungen auf dem Land,
die Entstehung eines kostspieligen Lebens an den Fürstenhöfen, Auseinandersetzungen zwischen
Landesherren und Reichsstädten.
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Schon um die Mitte des Jahrhunderts wurde anhand der wieder zu-
nehmenden Verschlechterung der Kleinmünzen und der steigenden Silberpreise deutlich, dass sich
eine neue Geldkrise anbahnte.
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Da vom Kaiser auf Reichsebene keine entscheidende Neuregelung zu
erwarten war, gingen die großen deutschen Territorialstaaten dazu über, selbstständig Münzpolitik zu
betreiben und untereinander Währungsvereinbarungen zu treffen. In diesem Zeitalter großer Münz-
konventionen, die seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zwischen den deutschen Territorial-
staaten verabredet wurden, verlagerte sich die Münzpolitik auf die Ebene der bedeutenden Landes-
herren. Die kleineren Münzstände dagegen verloren ihre Bedeutung im Münzwesen. Immer mehr
Städte mussten die Münzprägung aufgeben und gaben unter dem Druck der Fürsten ihr Münzrecht
auf.
Im Münzvertrag von Zinna bei Wittenberg verabredeten am 17. August 1667 Kurbrandenburg und
Kursachsen einen leichteren Talerfuß als der nach der Reichsmünzordnung vorgesehene.
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Zwar wurde
der alte Reichstaler von 9 Talern auf die feine Mark
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belassen und jahrzehntelang auch noch in Braun-
schweig-Wolfenbüttel weiter geprägt. Aber man schuf nun zusätzlich einen neuen Talerfuß, den
Z
innaer
F
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. Statt eines 9-Taler-Fußes, wie seit 1566 vorgeschrieben, war jetzt ein Fuß von 10 
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Talern aus der feinen Mark vorgesehen. Das heißt, statt 25,98 g Feingehalt nach der
Reichsmünzordnung wurde für den neuen leichteren (Rechnungs-)Taler ein
Silbergehalt von nur noch 22,226 g festgelegt. Allerdings war dies nur ein
theoretisches Gewicht, da Talerstücke mit diesem Feingehalt nicht
ausgeprägt wurden; nur für die Groschen war das neue System
zunächst vorgesehen. Seit 1670 wurden aber auch größere
Nominale nach dem neuen Münzfuß ausgeprägt.
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Dazu ge-
hörten dann als neue Nominale Zweidritteltaler und Ein-
dritteltaler, die in Norddeutschland 24 bzw. 12 Marien-
groschen oder 16 bzw. 8 Guten Groschen entsprachen.
Diese Nominale und Bezeichnungen sollten sich ent-
gegen den Vorschriften des Kaisers auch in der braun-
schweigischen Münzprägung durchsetzen; denn
schon 1668 schlossen sich die Herzöge von Braun-
schweig-Lüneburg aller Linien dem Zinnaer Münz-
fuß an.
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Die Zweidritteltaler oder die ihnen ent-
sprechenden 24-Mariengroschen wurden bald auch
im braunschweigischen Land zur beliebtesten Münze.
Braunschweiger Zweidritteltaler
1675 (Vergrößerung der Abb. 265,
Vorderseite)