Seite 98 - Muenzbuch

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Münzsammlungen und Münzsammler im Braunschweigischen Land
Carl I.
Wie bei einem Fürstensohn üblich, besaß Herzog Carl I. (1713-1780) schon als Knabe eine Sammlung
von Münzen und Medaillen. Eine 1720 begonnene und bis 1724 erweiterte Liste verzeichnete den Be-
sitz des jungen Carl.
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Als Siebenjähriger besaß er vier goldene Medaillen und sechs goldene Dukaten
seines in Blankenburg regierenden Großvaters Ludwig Rudolph, außerdem zwei zu Jubiläen geprägte
Dukaten und – nicht näher spezifiziert – zwei Goldmedaillen, 100 silberne Medaillen und Münzen, 12
alte Münzen, 30 Kupfermedaillen und 46 Vierteldukatenstücke. 1720 wurde ihm von seiner Mutter
Antoinette Amalie ein halber Dukat geschenkt und ein Exemplar der berühmten Silbermedaille Anton
Ulrichs aus dem Jahre 1701, auf der die blühende Aloe in Salzdahlum dargestellt ist. Zu Weihnachten
1720 schenkte ihm sein Großvater Ludwig Rudolph acht Dukaten, seine Großmutter eine Gold-
medaille und vier Silbermedaillen. Von seiner Mutter erhielt er die Silbermedaille August Wilhelms aus
dem Jahre 1720, auf der die erneut blühende Aloe in Salzdahlum gerühmt wird (siehe oben S. 289).
1721 schenkte ihm seine Mutter einen Dukaten, worauf das vierte Gebot geprägt war, einen halben
Dukaten, eine Goldmedaille und eine kleine Silbermedaille, sein Großvater eine kleine Silbermedaille,
seine Großmutter einen Vierteldukaten. 1722 erhielt er von der Mutter vier Münzen und Medaillen,
von seinem Großvater zwei Silbermedaillen als Geschenk. Bei der Sommermesse 1722 kamen sechs
Dukaten dazu. Zu Weihnachten 1724 wurden ihm zwei große und drei kleine Silbermedaillen ge-
schenkt. So war in den ersten elf Lebensjahren Carls schon eine ansehnliche Sammlung von mehr als
230 Münzen und Medaillen aus Gold und Silber zusammengekommen.
1735 übernahm Carl nach dem plötzlichen Tod seines Vaters mit 22 Jahren die Herrschaft über
Braunschweig-Wolfenbüttel. In Diensten Herzog Carls I. stand der Hofrat Jacob Burckhard, ein Bruder
des erwähnten Leibmedicus und Münzsammlers Johann Heinrich Burckhard. Jacob Burckhard war
seit 1738 bis zu seinem Tode 1752 Bibliothekar in Wolfenbüttel. Er war es wohl auch, der dafür sorgte,
dass Teile der Münzsammlung seines inzwischen verstorbenen Bruders Johann Heinrich in die herzog-
liche Kollektion gelangten. In einem undatierten Schreiben Herzog Carls an das Kunst- und Naturalien-
kabinett heißt es:
„Ich habe versprochen die Sammlung zu sehen, so ich von Burckhard erhalten habe.“
Er
erteilte den Auftrag, ihm zwei bis drei Schubladen dieser Sammlung zur Ansicht zu senden.
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In den Aufzeichnungen des Leibarztes und Kanonikus Urban Friedrich Benedikt Brückmann (1728-
1812) über
„allerlei Ereignisse, Personen, Merkwürdigkeiten etc. aus dem Hof leben zu Braunschweig“
ist
zu lesen, dass Herzog Carl I. von den Burkhard’schen Erben in Wolfenbüttel ein seltenes Münz-
kabinett von Braunschweigischen Münzen und Medaillen für 8.000 Taler kaufte. Anfangs habe sich
diese Sammlung im fürstlichen Kabinett befunden. Später habe der Herzog sie wieder abholen und in
der Münze einschmelzen lassen.
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Auch die Sammlung moderner Münzen und Medaillen des ver-
storbenen hessischen Generals von Donop habe Herzog Carl gekauft und sie dann ebenfalls ein-
schmelzen lassen. Dass die Behauptung Brückmanns, der Herzog habe Münzen und Medaillen ein-
schmelzen lassen, der Realität entspricht, ist zu bezweifeln. Denn Sammlermünzen auf diese Weise zu
vernichten statt sie zu verkaufen, was größeren Gewinn versprach, wird man einem Sammler, wie es
Herzog Carl I. war, nicht zutrauen. Die Sammlung von Donop soll Medaillen von Johann Karl
Hedlinger (1671-1771) enthalten haben, eines der bedeutendsten Medailleure der Zeit. Brückmann
äußerte sich wohl nur so negativ, weil Herzog Carl I. im Jahre 1750 ältere Münzsorten, die noch
kursierten, einschmelzen ließ, um Metall für neuere Prägungen zu gewinnen.
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Auch für das Jahr 1760
berichten die Akten von den Schwierigkeiten, für die Braunschweiger Münze genügend Metall zu
liefern.
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Carl ließ unter anderem Kupferdächer in Braunschweig und Wolfenbüttel abdecken, um dem
Metallmangel zu begegnen (siehe oben S. 302). In diesem Zusammenhang könnten ältere weniger
wertvolle Kupfermünzen und minderwertige Silbermünzen, vielleicht auch einige Dubletten der
Sammlung eingeschmolzen worden sein.
Unter dem Namen Jacob Burckhards überliefert sind Bestandsübersichten über die herzogliche
Münzsammlung und numismatische Gutachten
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, die einen Einblick in die herzoglichen Münz-
bestände vor der Gründung des Braunschweiger Kunst- und Naturalienkabinetts 1754 erlauben.