Seite 18 - Quadriga

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Die beiden Quadrigen des ehemaligen Residenzschlosses
Das Werden der Quadriga
Ernst Rietschels
Projektstillstand
Aus den grandiosen Plänen Ottmers zu der
Quadriga des Schlosses als der beherr-
schenden Skulptur einer symbolischen Er-
höhung der Herrschaft von Herzog Wil-
helm wurde in den 1830er und 1840er
Jahren nichts. Die Wirklichkeit des Regie-
rungsalltags hatte das Ideal des Baumeis-
ters überholt. Die Kosten des Schlosspro-
jekts waren so sehr gestiegen, dass Wilhelm
die äußere Vollendung des Schlosses zu-
gunsten der Inneneinrichtung und des in
Fragmenten erhaltenen, kostbaren feuer-
vergoldeten Tafelaufsatzes aufgab. Danach
wurde es still um die Quadriga, was um so
schmerzlicher erscheint, da Ottmer bereits
1835 gehofft hatte, den großen deutschen
Bildhauer Christian Daniel Rauch für die
Ausführung der Quadriga gewinnen zu
können.
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1843 starb Ottmer und damit
auch jede Hoffnung auf eine Verwirk­
lichung der aufgeschobenen Pläne.
In den folgenden Jahren war es nur noch
der bedeutende Braunschweiger Privatge-
lehrte und Kunsthistoriker Carl Schiller
(Abb. 21)
, der als treibende Kraft an Ottmers
Planungen festhielt und sie durchzusetzen
versuchte. Noch 1847 hoffte er, ebenfalls
C. D. Rauch für die Ausführung der Qua­
driga überreden zu können.
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Neubelebung des Quadrigaprojekts
Im Frühjahr 1855 wurde das Quadrigapro-
jekt aus Ottmers Zeit wieder aufgegriffen.
Die Braunschweiger Versammlung der
Landstände hatte sich am 2. Mai 1855 auf An-
trag des Braunschweiger Oberbürgermeis-
ters Heinrich Caspari entschlossen, Herzog
Wilhelm anlässlich seines 25jährigen Thron-
jubiläums am 25. April 1856 mit einem groß-
zügigen Geschenk zu ehren. Man erwog so-
wohl die Schenkung der Reiterstandbilder
der beiden in den Befreiungskriegen gegen
Napoleon gefallenen Braunschweiger Fürs-
ten Friedrich Wilhelm und Karl Wilhelm
Ferdinand – Herzog Wilhelms Vater und
Großvater –, als auch die Ausführung der
Quadriga des Schlosses, wie es auch Ottmer
einst vorgesehen hatte
(Abb. 7; 12)
.
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Nach A. Oppermann wurde sogar der
Neubau des Hoftheaters erwogen.
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Die
letztendliche Entscheidung zugunsten der
Quadriga – Jahre nach Ottmers und Schil-
lers vergeblichen Bemühungen – verhieß
einen glücklichen Ausgang für das Jahr-
zehnte alte Projekt. Als einzige Änderung
wünschten die Auftraggeber eine Victoria
Abb. 21:
Carl Schiller, Freund
Rietschels und Braun­
schweiger Privatgelehrter,
um 1840, Stadtarchiv
Braunschweig.
▶▶
Abb. 22:
Ernst Rietschel, Selbst­
bildnis, Bleistiftzeichnung,
1831, Privatbesitz,
Reprograf ie.