Seite 92 - Raabe_inspiriert

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Heinrich, Wilhelm, Franz, Otto auftauchten, be-
kam ich schon mit, dass sich die alten Mädchen
über Jungens unterhielten, zumindest solche, die
damals, als sie noch junge Mädchen waren, welche
gewesen sind. Und alles andere dann, was mich zu
jener Zeit noch nicht übermäßig stark interessierte.
Das Geheimnis von Herrn Rippchen hingegen
fing jedoch an, mich immer stärker zu beschäftigen.
Etliche Abende verbrachte ich die letzten Minuten
vorm Einschlafen damit, mir auszumalen, worin es
denn bestehen könne. Wie erwähnt, las ich zu jener
Zeit schon recht gern viel und so erwuchsen mir vor
allem aus den Büchern von der ‚Schwarzen Sieben‘
oder den ‚Fünf Freuden‘ erste Spuren. War Herr
Rippchen womöglich ein Schmuggler, ein Wilddieb,
gar ein Spion? Obwohl mir noch nicht recht klar
war, worin denn die Aufgaben eines solchen be-
stehen würden.
Oder, und diesem Gedanken folgte eine beson-
ders unruhige Nacht, womöglich ein Kindermör-
der? Die Geschichte von Jürgen Bartsch war erst vor
kurzem durch die Nachrichten gegeistert und hatte
alle meine Erwachsenen dazu veranlasst, mich auf
die eine oder andere Weise, aber in jedem Fall ein-
dringlich vor den bösen Onkeln in der Welt zu war-
nen, worauf ich mich einige Wochen lang nicht
traute, am Haus von Familie Böse vorbeizugehen,
die am anderen Ende der Straße wohnten.
Und – dieser Jürgen Bartsch hatte doch auch eigent-
lich ganz freundlich ausgesehen. Wie Herr Rippchen.
Überhaupt nicht wie ein Mörder. Keine Bartstoppeln,
keine Narbe, keine Augenklappe. Aber, dann würden