Seite 41 - Zwangsarbeit

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für Zivilarbeiter) untergebracht. Am 5. November 1944 war das Lager in der Schillstraße
fertig. Als Unterkünfte dienten vier Baracken, gebaut aus Ziegelhohlsteinen oder Beton-
platten, deren Gesamtfläche ca. 2.100 Quadratmeter betrug. Nach geltenden Normen für
ausländische Zivilarbeiter sollte jede Baracke 312 Personen aufnehmen können. Außer-
dem wurde eine Wohnbaracke für die SS-Wachmannschaft gebaut, zu der anfangs 25,
später 50 Wächter gehörten
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Zum Lagerkommandanten wurde der SS-Hauptscharführer Max Kirstein
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ernannt,
der schon über umfangreiche Erfahrung bei der Leitung eines Arbeitslagers mit KZ-
Häftlingen verfügte. Von November 1942 bis August 1944 war er Kommandoführer in
der Zellulosefabrik in Wittenberge/Brandenburg und dann im Drägerwerk in Hamburg
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Nds. StA Wf, 131 N Fb. 2, Nris. ass. 13086 und 13103.
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Max Kirstein, geb. am 7.11.1890 in Bernburg/Saale, Sohn eines Bahnboten, nach der Volksschule machte er
eine kaufmännische Ausbildung, arbeitete als Verkäufer und Dekorateur. 1912 eingezogen, hatte er 1913
einen Unfall, wodurch er wehrdienstuntauglich wurde. Freiwilliger im Ersten Weltkrieg, ausgezeichnet mit
dem EK II für die Kämpfe an der Westfront. 1921 heiratete er und wurde Landwirt. Er wohnte zusammen
mit seiner Frau und mit seinem Kind in Ludwigslust/Mecklenburg. Er nahm an den Umzügen der Nazis in
Nürnberg in den Jahren 1934-1938 teil. Er trat der NSDAP am 1.5.1937 bei, in der Waffen-SS vom 31.8.1939
an. Am 1.11.1939 befördert zum SS-Scharführer, am 1.5.1941 zum SS-Oberscharführer, am 1.7.1943 – SS-
Hauptscharführer, in: Berlin Document Center (jetzt BARCH), SS-Stammakte „Kirstein, Max“.
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Public Record Office, Kew / Richmond, WO 309/375, Nr. 55638, Verzeichnis von deutschen Kriegsverbre-
chern inhaftiert im Lager 101.C.I.C. Esterwegen in den Jahren 1946-1948.
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Aussage des Leiters der Firma Gebr. Koch, Hugo Probst, 1945 vor der deutschen Polizei. Diese Firma
befand sich in der Nähe des Lagers. Die Häftlinge halfen manchmal auf Probsts Bitte hin und mit Kirsteins
Genehmigung bei den Transportarbeiten in der Firma. (Quelle: WF Nr. 445)
Abb. 34: Luftaufnahme des Lagers Schillstraße, April 1945