17
            
            
              begriffen, wo es zur Gesundung der Finanzen lang geht. Leider ignoriert
            
            
              sein Schwager Karl, unser gnädiger Herr, gerade das geflissentlich!’
            
            
              Während Ferdinand von Münchhausen auf diese Weise seinem Herzen
            
            
              Luft machte, war man zwischen der verlassenen fürstlichen Wache und ei-
            
            
              nem gleichermaßen leer stehenden Palais hindurch auf den noch immer
            
            
              von schmucken Häusern gerahmten Rathausplatz gelangt.
            
            
              Von seinen Reminiszenzen voll in Anspruch genommen, hatte Karl Fried-
            
            
              rich die letzten Worte seines Vetters überhört. ‚Wenn ich mich so umsehe,
            
            
              hat sich in den letzten 20 Jahren wenig verändert – auf den ersten Blick we-
            
            
              nigstens. Doch schaute man draußen vor der Haustür nicht so genau hin –
            
            
              drinnen spielte die Musik!‘
            
            
              ‚Bewahre Dir Deine Illusionen, alter Junge!‘ Ferdinand hielt das Gefährt an.
            
            
              ‚Die Außenwände sind allgemein von solidem Fachwerk, mit Ziegelstein
            
            
              ausgefüllt und verputzt. Sie verdecken, was dahinter zu Bruch gegangen
            
            
              und verkommen ist. Wie auch Vaters einstige Residenz. Nicht einmal das
            
            
              früher viel bewunderte Vestibül lohnt noch den Augenschein. Wir würden
            
            
              uns gern von der Liegenschaft trennen – doch sie ist ebenso unverkäuflich
            
            
              wie die übrigen herrschaftlichen Anwesen rings herum. Wie es so schön
            
            
              heißt – Stillstand bewirkt Niedergang! Im glücklicheren Braunschweig
            
            
              spricht man verächtlich von Lumpenbüttel – so ist das!‘
            
            
              Am Rathaus herrschte ein wenig mehr Leben, als in den umliegenden Gas-
            
            
              sen. Auf dem Pflaster lungerten Männer in kleinen Gruppen herum, die
            
            
              sich offenkundig für ein paar Kupferstücke gern nützlich gemacht hätten.
            
            
              Schon lief einer von ihnen – dunkelhaarig und bärtig – herbei. ‚Zu Diensten,
            
            
              Euer Gnaden, wenn es sein darf,‘ bot er sich an.
            
            
              ‚Du hast heute Glück, schwarzer Peter!‘ Ferdinand kannte den Burschen. Er
            
            
              warf ihm einen Schlüssel zu. ‚Komm – kannst Dir Deine Vesper verdienen!
            
            
              Öffne schon mal das Tor drüben!‘
            
            
              Der Mann namens Peter rannte voraus in die angrenzende Klosterstraße.
            
            
              Dort, dem Hof der Herzoglichen Kanzlei schräg gegenüber, nahm das grau
            
            
              verputzte Stadthaus der Münchhausen mit seinem breit ausladenden Dach-
            
            
              giebel fast die ganze Front der Gasse ein. An der verriegelten Einfahrt
            
            
              machte sich Peter zu schaffen.
            
            
              ‚Wir schauen uns ein wenig im Schloss um. Kümmere Dich dieweil um den
            
            
              Gaul, Peter. Du kennst Dich ja aus!‘ Ferdinand stieg von seinem Sitz herun-
            
            
              ter und bedeutet dem Vetter, es ihm nach zu tun. ‚Gehen wir besser zu Fuß
            
            
              weiter. Man würde uns wohl in den Schlosshof einfahren lassen. Aber dort
            
            
              ist der dürftige Karren fehl am Platz.‘
            
            
              Nur wenige Schritte hinter dem Rathausmarkt durch die Gassen der ‚Frei-
            
            
              heit‘ trennte ein breiter Graben die Heinrichstadt von der Dammfestung.
            
            
              Dort, unmittelbar vor dem Schlossbereich, zeigte Ferdinand auf ein be-
            
            
              sonders stattliches Bürgerhaus.