Seite 100 - Fallersleben

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Auf der Schiene und zu Wasser
Zwischenstopp des Kaisers und hatte, wie in Gifhorn,
entsprechende Vorbereitungen mit Huldigungen des
Volkes und einer Rede des Bürgermeisters getroffen.
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Doch gegen Mittag des 5. November 1871 brauste der
Zug in unserer Gegend ohne Halt durch die kleineren
Bahnhöfe in Richtung Lehrte. Am 5. Dezember 1871
war es soweit: Die schon seit Jahren herbeigesehnte
Eröffnung der Direktverbindung zwischen Lehrte und
Berlin fand statt.
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Die Eisenbahn spielte in der Folge­
zeit ihre Vorteile aus und wurde zunehmend als Reise­
mittel und für den Gütertransport frequentiert. So
erfolgte die Gründung einer Reihe von Großbetrieben
an der Strecke, Händler und Bauern profitierten vom
Bahntransport und die Anwohner nutzten die Reise­
möglichkeiten in einer neuen Dimension mit bisher
nicht gekannten Verbindungen. Als Zweig der land­
wirtschaftlichen Veredelungsindustrie und Vorbote der
Industrialisierung im ländlichen Raum unserer Region
siedelte sich in Fallersleben 1879 die Zuckerfabrik in
unmittelbarer Bahnhofsnähe an.
In der Aller-Zeitung wurde am 1. Dezember 1871
der erste Fahrplan der Berlin-Lehrter Eisenbahn ver­
öffentlicht. Danach verkehrten anfangs vier Zugpaare
täglich, von denen eines lediglich auf dem Abschnitt
zwischen Berlin und Stendal pendelte. Etwa 7 Stunden
dauerte die Fahrt auf der ganzen Strecke, die Fahrt von
Fallersleben nach Berlin nahm etwa 5½ Stunden in
Anspruch, was einen Vergleich mit dem heutigen ICE-
Zeitalter und dem damit seither stattgefundenen
technischen Fortschritt zulässt.
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Bis 1880 wurde die
Berlin-Lehrter-Eisenbahn mit einer Gesamtstrecke von
239 Kilometern von der Magdeburg-Halberstädter-
Eisenbahn-Gesellschaft betrieben, anschließend über­
nahm die Königlich Preußische Eisenbahn die Strecke,
die damit in staatlicher Hand war. Nach dem Ersten
Weltkrieg wurden 1920 sämtliche Ländereisenbahnen
im Sinne einheitlicher Betriebsführung unter dem Dach
der Deutschen Reichsbahn zusammengefasst.
Der Ausbau der Bahnstrecke in den 1990er Jahren
für den Hochgeschwindigkeitsverkehr mit ICE-Zügen
der Deutschen Bahn zwischen Hannover und Berlin
brachte für Fallerleben einige gravierende Verän­de­
rungen mit sich. So wurde der seit seiner Entstehung
baulich kaum veränderte Bahnhof Fallersleben in Folge
der geänderten Trasse 1995 abgerissen und damit auch
ein Stück Fallersleber Verkehrsgeschichte beseitigt. Es
verblieb nur noch ein einem Haltepunkt gleichender
Bahnhof für den Nah- und Regionalverkehr. Zur
Steuerung und Überwachung des Verkehrsflusses auf
der Neubaustrecke erhielt Fallersleben ein hoch­
modernes Stellwerk, das den Streckenbereich von
Lehrte bis Stendal kontrolliert.
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Die Fahrdienstleiter
sind für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs auf 150
Kilometer der Strecke, den längsten Teilabschnitt der
Verbindung Berlin-Hannover verantwortlich.
Im Jahre 1997 erhielt ein ICE-Zug der Deutschen
Bahn nach Bemühungen von Lokalpolitikern und
Bundestagsabgeordneten aus demWahlkreis Wolfsburg
sowie der Hoffmann-von-Fallersleben-Gesellschaft den
Namen „Hoffmann von Fallersleben“ und trug damit
den Namen des heutigen Wolfsburger Ortsteils in
Streckenarbeiter mit Bahnbediensteten
(um 1900).