Seite 126 - Fallersleben

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Vereinsleben mit Historie
ANDREAS STOLZ
Es ist ein unverzichtbarer Teil Fallerslebens. Und es ist
– wie viele Bewohner des Ortsteils sagen – ein Teil ihres
Lebens. Die Rede ist vom Uniformierten Schützenkorps,
dem USK. Die Schützen in der Stadt des Dichters
August Heinrich Hoffmann stehen in einer Jahr-
hunderte alten Tradition, auch wenn ihr Zusammen-
schluss nicht immer den Namen USK trug. Licht in die
Historie gebracht hat ein Fund, der nicht nur in Fallers-
leben selbst für Aufsehen sorgte: Eine Abrechnung!
Sie stammt aus dem Jahr 1603 und beschäftigt sich
mit dem Vogel- und Freischießen. Sie liefert Zeugnis,
dass in der Fleckensgemeinde Fallersleben eine Waffe
nicht nur zur Jagd aufs Wild, sondern auch zum schieß­
sportlichen Wettbewerb benutzt wurde – auch wenn
der Begriff Schießsport erst viel später Einzug in den
Sprachgebrauch hielt. Der Holz-Vogel auf der Stange
wurde zu dieser Zeit übrigens mit einer Armbrust ab­
Vereinsleben mit Historie: Das Uniformierte Schützenkorps und das Schützenfest
geschossen. Die Urkunde von 1603 ist die älteste be­
kannte Dokumentation, und deshalb war sie die histo­
rische Basis für das Jubiläumsfest 2003, das 400. Volks-
und Schützenfest.
Die beiden USK-Historiker Hans-Bernhard Hilde-
brand und Axel Claes sind jedoch überzeugt: „Sicherlich
hat es schon vor 1603 in Fallersleben Schützen und
deren Feste gegeben.“
Das Duo ist so etwas wie die „geschichtliche
Dokumentation des Fallersleber Schützenwesens in
Menschengestalt.“ Seit mehr als 20 Jahren haben die
beiden Hobby-Historiker Hildebrand und Claes Schrift-
stücke, Fotos, Abzeichen und historische Waffen zu-
sammengetragen. Dem nimmermüden Einsatz der
beiden ist die Dauerausstellung im Schützenheim des
USK zu verdanken, die mehr gibt als nur einen Einblick
ins Vereinsleben. Auf den Fotos, zum Beispiel von den
Umzügen durch Fallersleben, spiegelt sich Geschichte
pur wider. Die Hoffmannstädter im Sonntagsstaat, vor
80 oder vor 50 Jahren, die bauliche Szenerie, Wege
und Gassen: Das alles lässt den Betrachter in seiner
Fantasie eintauchen in gesellschaftliches Leben und
Epochen – umweht vomHauch der Geschichte. Politisch
unterschiedlich geprägt von Monarchie, Diktatur oder
sich langsam entwickelnder, junger Demokratie. Die
Schützen hatten für das gesellige Leben in Fallersleben
immer Bedeutung. Und der (Schützen-)König hatte,
auch in einer bürgerlich-republikanisch verfassten Ge-
sellschaftsordnung, eine angesehene Stellung.
Die Liste der Majestäten ist lang, sie beginnt mit
dem Jahr 1605 und mit dem Namen des Schmieds
Heine. Wer sie liest und mit den Namen heutiger
Fallersleber vergleicht, wird rasch feststellen: Die Hoff­
mannstädter sind bodenständige Leute. Die nament-
liche Auflistung der Schützenkönige ist ein Stück
familiärer Einwohnergeschichte. Und damit zu einem
Einwohner des Orts, der treffsicher war und trotzdem
Vorsitzender und Vereinshistoriker:
(v.l.n.r.) Hans-Bernhard Hildebrand, Klaus
Bosenius (Vors.), Axel Claes.