Seite 69 - Fallersleben

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Schulen in Fallersleben
len; an den zwei übrigen Tagen, welche der Mittwochen
und der Sonnabend sind, unterrichtet er nur Vormittags
3 Stunden. … Hauptsächlich müssen die Scholaren
zum fertigen Lesen, zur rechten Religionskenntniß,
zum Schreiben und Rechnen, dann aber auch zu
sonstigen gemeinnützigen Einsichten geführet werden.
… Der Rector hat alle 14 Tage Sonntags Nachmittags
den Gottesdienst zu besorgen und eine Predigt über
einen selbstbeliebigen Text zu halten, jedoch dabei
dafür zu sorgen, daß er zweckmäßige und glücklich
gewählte Materien kurz und erbaulich abhandle. Auch
hat derselbe am Mittwochen in jeder Woche eine Bet­
stunde in der Kirche Vormittags zu halten und über
einen schicklichen Text seinen Vortrag zu verrichten
… Auch hat der Rector … den häufigen Schulbesuch
der Scholaren zu bewachen, gute Zucht und Ordnung
unter denselben durch Güte und weisen Ernst zu unter­
halten, die Aeltern der Absenten an ihre Pflicht zu er­
innern, … auch sonst überhaupt für der Schule Bestes
alles Ernstes zu sorgen, damit die Jugend glücklich ge­
bildet und zur Gott wohlgefälligen Frömmigkeit
geführet werde.“
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Der zweite Lehrer hatte auch Küster- und Kantor­
dienste zu übernehmen, die ihm teilweise mehr Ein­
künfte als die Lehrtätigkeit bescherten. Lehrer
Schomburg etwa bezog 1804 als Lehrer jährlich 50
Reichstaler, während er für Küsterdienste rund 84
Reichstaler sowie weitere 30 Reichstaler für seine
Tätigkeit als Privatlehrer und die Führung der Kirchen-
und Armenrechnungen erhielt.
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Aber nicht immer be­
kamen die Lehrer, was ihnen zustand – das Schulgeld
für Lehrer Mekeler bezahlte 1761 nur die Hälfte der
Eltern, und selbst dieser Teil konnte nur „mit vieler
Mühe und Anmahnung, von denen größesten theils
armseligen Einwohnern eingesamlet werden“.
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Die
Lehrer waren in den landwirtschaftlichen Arbeits­
zusammenhang eingebunden, denn sie mussten einen
Teil ihres Einkommens selber erwirtschaften. Hinzu
kamen die bisweilen als erniedrigend empfundenen
Dienste als Küster, Kantor oder Organist; zudem fand
die fachfremde Schulaufsicht durch die Pfarrer bei den
Lehrern nur wenig Akzeptanz. Während die Rektoren
häufiger wechselten, blieben die Lehrer durchaus für
längere Zeit in Fallersleben, Schomburg etwa konnte
1848 auf eine 50-jährige Tätigkeit zurückblicken. 1813
war es jedoch zu Differenzen mit Schomburg ge­
kommen, weil er sich darüber beschwert hatte, den
Unterricht der Mädchen im eigenen Haus zu halten,
und Schulgeräte, Tische und Bänke kurzerhand auf die
Straße setzte. Die Aufsichtsbehörde schrieb daher am
22. Oktober 1813 an den Bürgermeister: „Indem wir
mit Vergnügen IhremWunsche für die Mädchen-Schule
ein anderes Locale auszufinden uns gerne bemühen
mögten, so scheint es uns zuvor doch nöthig daß wir
in Kenntniß gesetzt werden, unter welchen Bedin­gun­
gen der Herr Interims Küster seinen Dienst verwaltet,
und ihm seine Wohnung eingeräumt ist. … Bis dahin
ersuchen wir Sie, … dem Interims Küster Schomburg
aufzugeben, die Mädchen-Schule ferner nach wie vor
in seinen Hause unweigerlich abhalten zu lassen.“
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Die räumliche Situation besserte sich alsbald;
1818/1819 erhielt Fallersleben in der Marktstraße 1
für die Volksschule ein Schulgebäude mit vier Klassen­
räumen, das bis zum Schulneubau 1900/1901 benutzt,
anschließend zu Lehrerwohnungen umgebaut und
später verkauft wurde. Kurz darauf, 1822, wurde die
dritte Lehrerstelle eingerichtet. 1847 bemerkte Pastor
Lauenstein, an der Schule in Fallersleben walte ein
guter Geist, da sich der Unterricht „vor allem auf die
Religion, und sodann auf Lesen, Rechnen und Schrei­
ben“ konzentriere.
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Mitte des 19. Jahrhunderts war
die Schülerzahl auf rund 250 gestiegen, ab 1852 wurde
der Unterricht in vier Klassen erteilt, „worin die
Geschlechter nicht mehr getrennt werden“
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. 1668
hatte der Rektor 80 Kinder unterrichtet; 1806 und 1852
entfielen auf den Rektor und den zweiten Lehrer
jeweils 90 Kinder, 1852 auf den dritten Lehrer sogar
136 Kinder, 1884 auf jeden Lehrer 65 Kinder.
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Im Unterricht dominierten religiöse Inhalte;
biblische Geschichte und Katechismus wurden als
„Zweijähriger Cursus à 40 Wochen. Wöchentlich 2 St.“
unterrichtet, die Schriftauslegung thematisierte jähr­