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              Herkunft und Auswahl der Häftlinge
            
            
              Mitte August 1944, parallel zum Beginn der Bauarbeiten, fuhren zwei Vertreter der Firma
            
            
              Büssing, Ing. Pfänder und der kaufmännische Angestellte Scholmeyer, in das KZ
            
            
              Auschwitz, um von den aus dem liquidierten Ghetto in Łód´z kommenden Häftlingen
            
            
              1.000 bis 1.200 Männer auszuwählen, die für den Arbeitseinsatz bei Büssing geeignet
            
            
              waren. Das „Auswahlverfahren“ ist nur aus Zeitzeugenberichten bekannt.
            
            
              49
            
            
              Die ehemaligen
            
            
              Häftlinge, die vomAutor imMai und Juni 1999 in Israel interviewt wurden, erinnern sich,
            
            
              dass man in Auschwitz unter den Häftlingen über Vertreter der Firma „Büssing“ redete,
            
            
              die „Metallarbeiter“ brauchten. Unter den ehemaligen Łód´zer Ghettoinsassen gab es aber
            
            
              relativ wenig qualifizierte Vertreter dieses Berufes.
            
            
              50
            
            
              Die Häftlinge suchten nach verschie-
            
            
              denen Wegen, um zum Arbeitseinsatz nach Deutschland ausgewählt zu werden, denn das
            
            
              war – aus ihrer Perspektive – eine Überlebenschance. Die Kriterien, die bei der Wahl zur
            
            
              Arbeit bei Büssing entscheidend waren, lassen sich, was die Zeitzeugenberichte belegen,
            
            
              49
            
            
              Vgl. zum Thema Auswahl qualifizierter Häftlinge in Auschwitz: Fröbe, Rainer: KZ-Häftlinge als Reserve qua-
            
            
              lifizierter Arbeitskraft. Eine späte Entdeckung der deutschen Industrie und ihre Folgen, in: Herbert, Ulrich
            
            
              u.a. (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Strukturen, Bd. I, Göttingen,
            
            
              S. 636-681.
            
            
              50
            
            
              Anderer Meinung ist der ehemalige Häftling des Lagers Schillstraße, Unterkommando Vechelde, Adolf
            
            
              Diamant (deutscher Jude aus Chemnitz, deportiert ins Ghetto Łód´z und von dort nach Auschwitz). In der
            
            
              „Frankfurter Rundschau“ vom 21.9.1999 erschien sein Brief, in dem Diamant schreibt, dass die bei Büssing
            
            
              arbeitenden Juden erstklassige Facharbeiter wären, die schon im Ghetto meistens in der Fachabteilung (dort
            
            
              „Ressort“ genannt – K.L.) Metallbearbeitung gearbeitet hätten.
            
            
              Eliezer Zyskind (links) mit seinemVater. Brzeziny/Polen 1938. Ab Oktober 1944 war Eliezer Zyskind
            
            
              bei der Fa. Büssing als KZ-Häftling zwangsbeschäftigt. Vgl. Anhang: Biografien. Quelle: Eliezer
            
            
              Zyskind, Israel.