Seite 111 - Kirchenbuch

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L i ebestät i gke i t
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L I EBESTÄT IGKE I T
von Peter Albrecht
Die Sorge um bedürftige Angehörige der Gemeinde wurde von
den Urgemeinden als eine von Gott übertragene Aufgabe ver-
standen. Der Sache nach unterschieden sie sich damit aber nicht
von allen anderen zeitgenössischen Personenvereinigungen
ihrer Zeit. Es gehörte zunächst zu den vornehmsten Aufgaben
der Familie (des Clans, der Sippe), ihre eigenen Mitglieder zu ver-
sorgen; erst wenn dies nicht möglich war, traten andere Gemein-
schaft an ihre Stelle oder halfen dabei, diese Aufgabe angemes-
sen zu bewältigen. Die mittelalterliche Gesellschaft hatte ein sehr
differenziertes System von Hilfsmöglichkeiten ausgebildet. Da
wären zunächst einmal die Waisenhäuser, Beginenhäuser, Sie-
chenhäuser, Spitäler und Armenhäuser (Elendenherbergen),
aber auch die religiösen Bruderschaften wie die Kalande und die
Alexianer zu nennen. Hinter diesen Einrichtungen standen in al-
ler Regel vermögende Stiftungen, manchmal auch die Kommu-
ne. Die Klöster mühten sich überwiegend um die ‚umherziehen-
de Armut’, also jene Menschen, welche keine feste Bleibe hatten
Abb. 1:
Blankenburg, Georgen-
hof (ehemaliges
Hospital, urkundliche
Ersterwähnung einer
Vorgängereinrichtung
am Kloster
Michaelstein 1212),
Foto: Wolfgang Siebert