Seite 161 - Kirchenbuch

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Begegnungen der Re l i g i onen – Mus l ime und Chr i sten
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BEGEGNUNGEN DER REL IGIONEN –
MUSL IME UND CHRISTEN
von Chr ist ian Tegtmeier
Christen und Muslime begegnen sich im Braunschweiger Land
erst in den letzten fünfzig Jahren häufiger und in einer Weise,
dass die christliche Bevölkerung aufmerksam wurde für den isla-
mischen Kulturbereich. Überblickt man die fünfhundert Jahre
seit der Reformation, dann wird man bemerken, dass sich die
Welt und Kultur des Orients, später des Osmanischen Reiches
und die christliche Bevölkerung kaum berührten, und wenn,
dann über Bedienstete des Herzoglichen Hofes in Wolfenbüttel,
in Blankenburg oder Braunschweig, durch militärische oder krie-
gerische Auseinandersetzungen, auch einmal durch Handel und
Kaufleute der Stadt Braunschweig. Solche Begegnungen weck-
ten eher Träume aus den Geschichten von Tausendundeiner
Nacht, als dass sie das Gespräch, den kulturellen Austausch oder
gar das Religionsgespräch befördert hätten. Wie bekannt, hat
Lessings Bemühen um eine Verständigung der großen Weltreli-
gionen in „Nathan dem Weisen“ kaum eine nachweisbare Rezep-
tion im literarischen und pastoralen Schaffen der Pastoren der
Landeskirche hervorgerufen.
1
Die Kirchenordnungen der Reformation im Herzogtum kennen
kein Gebet „wider den Türken“; die ersten kirchlichen Lieder-
sammlungen und Gesangbücher enthalten das Lutherlied „Erhalt
uns Herr bei deinem Wort/ und steure Papst und Türkenmord“,
Abb. 1:
Lied Nr. 341, „Erhalt
uns Herr“ von Martin
Luther, Erste Strophe,
aus: Vollständiges
Gesang-Buch, in
welchem nicht allein
di gewöhnliche alte
Kirchen-Lider, sondern
auch vihl neu,
nützliche Gesänge,
auf mancherlei Fälle
zu befinden, Lüneburg:
die Sterne, 1661