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Das Recht der Münzprägung
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Erstes Kapitel
DIE SÄCHSISCH-SALISCHE ZEIT
Das Recht der Münzprägung
Das Münzrecht lag im Mittelalter beim König, der überall im Reich, wenn er es für notwendig er-
achtete, Münzstätten anlegen konnte. Seit dem 9. Jahrhundert erhielten vor allem Bischöfe und Äbte,
später auch weltliche Adlige vom König das Privileg, das ihnen die Einrichtung von Münzstätten, die
Prägung zunächst nur königlicher Münzen unter Gewinnbeteiligung, dann auch die Ausgabe eigener
Münzen gewährte. Diese Privilegierung begann mit dem Jahre 833, als das Münzrecht von Ludwig
dem Frommen (814-840) an das Kloster Corvey an der Weser verliehen wurde. Allerdings sind uns
Münzen Corveys aus der karolingischen und ottonischen Zeit nicht bekannt, was damit zusammen-
hängen mag, dass die Münzen anfangs oft reichseinheitlich ohne Angabe der Münzstätte hergestellt
wurden, also nicht ohne Weiteres als Prägungen aus Corvey zu erkennen sind; die ersten Münzen, die
den Namen des Klosters an der Weser tragen, gehören in die Zeit König Heinrichs II. (1002-1024).
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Generell lässt sich im hohen Mittelalter eine große Diskrepanz zwischen den urkundlich und
numismatisch bezeugten Münzstätten feststellen.
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Zahlreiche geistliche und weltliche Herren er-
hielten zwar schon früh das Münzrecht, weil man es gerne zusammen mit dem Markt- und Zollrecht
verlieh, stellten Münzen aber erst in späterer Zeit her. Umgekehrt nahmen auch Münzstätten ihre
Tätigkeit auf, ohne dass wir die rechtliche Grundlage dafür oder eine entsprechende Privilegierung
kennen.
Im Hochmittelalter existierte in Deutschland nur ein einziger Münzwert, der Pfennig aus Silber
(lateinisch
denarius
); dies war für das damals noch kaum entwickelte Wirtschaftssystem ausreichend.
Gelegentlich wurden auch halbe Pfennige (lateinisch
oboli
) hergestellt, so genannte ‚Hälblinge’. Be-
nötigte man größere Summen, so wurden die Pfennige nach Schilling (= 12 Pfennige) oder Pfund
(= 240 Pfennige) berechnet.
Häufig wog man die Münzen ab und schätzte sie nach ihrem Gewicht ein. Die vom 10. bis zum
Beginn des 12. Jahrhunderts geprägten Münzen waren vom Typ und der Aufschrift her teilweise rein
königliche Gepräge, teilweise halb königliche, halb geistliche, teilweise autonome Münzen von
Bischöfen, Äbten und weltlichen Fürsten. Die meisten Stammesherzöge nahmen das Münzrecht für
sich in Anspruch und stellten ihre eigenen Münzen her, später auch Markgrafen, Grafen und andere
freie Herren.
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Die früheste Münzprägung in Sachsen
Von den sächsischen Herzögen sind aus der Karolingerzeit keine gesicherten Münzen bezeugt. Ein
Obol (halber Pfennig) der karolingischen Zeit mit den Aufschriften LVDOVIC[... und BRVNO, den
man dem sächsischen Raum zugewiesen hat und auf Ludwig den Jüngeren (876-882), den Sohn
Ludwigs des Deutschen, und auf den 880 verstorbenen sächsischen Herzog Bruno bezogen hat, ist ein
Einzelstück. Diskutiert als Prägestätte dieser Münze wurden Hamburg, Magdeburg, Bardowick oder
Braunschweig.
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Dennoch bleibt festzuhalten, dass Sachsen bis zur Ottonenzeit, genauer gesagt bis in
die Mitte des 10. Jahrhunderts, „de facto münzlos“ war.
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Dieser Eindruck wird auch dadurch bestärkt,
dass Münzfunde dieser frühen Zeit im sächsischen Raum spärlich sind. Es überwiegen anonyme
Prägungen, die sich bis heute keiner Prägestätte zuweisen lassen. Als im 10. Jahrhundert die sächsischen