Seite 30 - Muenzbuch

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Die Brakteatenprägung im 12. und 13. Jahrhundert
Es ist nahe liegend, dass das Löwendenkmal im Hof der Braunschweiger Burg Vorlage für diesen
Brakteatentyp war. Allerdings ist es umstritten, ob die Brakteaten dieses Typs aus Anlass der Er-
richtung des Löwendenkmals entstanden und das Originalmonument kopierten oder ob die Dar-
stellung nur dem Erfindungssinn des Münzers bzw. Stempelschneiders zuzuschreiben ist, der unter
dem Eindruck des mächtigen Denkmals den Stempel schnitt.
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Für die Feindatierung der Brakteaten
mit dem Löwen auf einem Sockel hilft diese Diskussion ohnedies nicht weiter, weil der auf ältere
Chroniken zurückgehenden Datierung 1166 für die Aufstellung des Burglöwen inzwischen wider-
sprochen wurde und somit der genaue Zeitpunkt seiner Entstehung irgendwann zwischen 1164 und
1176 nicht feststeht.
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Sockel oder Konsolen unter dem Löwen kommen auf den Brakteaten mehrfach
in unterschiedlicher Form vor.
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Eine realistische Darstellung des Löwendenkmals auf Münzen, gegen
die allein schon der im Unterschied zum Original (Abb. 24) hochgestellte Schweif des Löwen spricht,
ist in dieser Zeit nicht zu erwarten.
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Die Bilder passen aber hervorragend in das Gesamtkonzept der
Braunschweiger Herrschaftsrepräsentation Heinrichs des Löwen.
Noch Otto IV. (1198-1218) und Otto ‚dem Kind’ (1227-1252) werden Brakteaten zugeschrieben,
die den Löwen auf einem von einer Säule gestützten Podest zeigen.
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Doch auch das Bild auf diesen
späteren Münzen lässt sich keinesfalls als realistische Darstellung des Braunschweiger Löwendenkmals
interpretieren (siehe unten S. 48).
Am deutlichsten kommt der Machtanspruch Heinrichs des Löwen auf den so genannten ‚Thron-
pfennigen’ zum Ausdruck, die den Herzog in thronender Pose mit geschultertem Schwert und Zepter
zwischen den Türmen der Stadt zeigen (Abb. 25 und Vergrößerung S. 30)
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.
Der abgebildete Brakteat stammt aus dem berühmten Münzfund vom
Ägidienkloster in Braunschweig, der 1756 entdeckt wurde und um 1180
unter die Erde gekommen war.
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Deutlich hebt sich dieser ikonographisch
für die Braunschweiger Münzprägung ungewöhnliche Brakteat von den
übrigen Münzen ab. Die Darstellung betont symbolisch die Macht und die
Herrschaftsansprüche Heinrichs des Löwen, der barhäuptig und bekleidet
mit Tunika und Mantel auf einem Thron sitzt. Gebildet wird der Thron aus
passend angeordneten Architekturelementen der Stadtdarstellung, wie sie von anderen Braun-
schweiger Brakteaten bekannt sind. Dass es sich bei der dargestellten Person um Heinrich den Löwen
handelt, geht aus der Umschrift hervor. Auch wenn teilweise spiegelverkehrte Schrift und Doppelungen
vorliegen, so sind der Name Heinrichs, der Herzogstitel und der Begriff
leo
(= Löwe) deutlich zu ent-
ziffern. Das Wort
leo
erscheint sogar dreifach, wenn man auch die Buchstabenkombination LEOEL
von vorne und von hinten liest.
Abb. 24:
Braunschweiger Löwendenkmal auf dem
Burgplatz.
Abb. 25:
Heinrich der Löwe, Brakteat
(so genannter ‚Thron-
pfennig’) 1142-1195,
Münzstätte Braunschweig.
– Silber. 0,71 g. 31mm. –
HAUM Inv.-Nr. 219a/18.
Vorderseite:
+
IEINRIC LEOEL DVX
HEINRICS O LEO A
(= Herzog Heinrich der
Löwe); thronender Herzog,
mit Schwert und Lilien-
zepter auf den Schultern
setzt seine Füße auf zwei
Türme einer Stadtmauer
mit Tor, rechts und links je
ein Zinnenturm mit Tor-
bogen, darunter jeweils das
Vorderteil eines Löwen.
Rückseite:
ungeprägt.
Abb. 23:
Heinrich der Löwe, Brakteat 1142-1195, Münzstätte
Braunschweig. – Silber. 0,77 g. 28mm. – HAUM Inv.-Nr.
221/12.
Vorderseite:
Löwe nach rechts auf einem Sockel unter einem Bogen
stehend, darüber Burgmauer mit zentralem Kuppelturm,
rechts und links je ein Kuppelturm, unten Mauer mit Turm.
Rückseite:
ungeprägt.