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Geldgeschichtliche Entwicklungen
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Drittes Kapitel
DIE MÜNZPRÄGUNG DES SPÄTMITTELALTERS
UND DER BEGINN DER GROSCHENPRÄGUNG
Geldgeschichtliche Entwicklungen
Kennzeichen des spätmittelalterlichen Geldwesens in Deutschland war seine weitere Zersplitterung,
aber auch das Aufkommen von größeren Silbermünzen, der Groschen, und von Goldmünzen. Seit
dem 13. Jahrhundert begannen viele Städte, eigene Münzen zu prägen und Münzstätten zu über-
nehmen, die im Hochmittelalter für Könige, Bischöfe, Äbte, Herzöge und Grafen gearbeitet hatten.
In Italien hatte man seit Ende des 12. Jahrhunderts
denarii grossi
(wörtlich ‚dicke Pfennige’)
produziert, in Frankreich unter König Ludwig IX. seit 1266 den
Gros tournois,
den dicken Pfennig von
Tours, der 12 einfachen Pfennigen entsprach. Diese große französische Silbermünze, auch ‚Turnose’
oder ‚Turnosgroschen’ genannt, verbreitete sich von Frankreich aus auch nach Norden, zuerst in den
Niederlanden und in Westdeutschland, dann in Westfalen und Ostfriesland. In Böhmen begann König
Wenzel II. im Jahre 1300 nach dem Vorbild der französischen Turnosen den ‚Prager Groschen’ zu
prägen. Um 1307 folgte ihm in Meißen Markgraf Friedrich I. und schuf den ‚Meißner Groschen’. Der
Groschen als neue Silbermünze setzte sich auch in vielen Teilen Mitteldeutschlands und Hessens
durch.
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Diese nun größere Münze wog aber dennoch nicht mehr als 4 g.
In Niedersachsen verbreiteten sich besonders Meißner Groschen, die aus der Silberausbeute der
sächsischen Bergwerke in großer Zahl hergestellt worden waren. Ihre Verbreitung gab den Ausschlag,
auch in Münzstätten Niedersachsens zur Groschenprägung überzugehen. Einige Herzöge von Braun-
schweig-Lüneburg prägten schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts im südlichen Niedersachsen
ihre ersten Groschen (siehe unten S. 66).
Die niedersächsischen Städte dagegen versuchten lange ihre Pfennigwährung vor den ein-
strömenden Groschensorten zu schützen. Man half sich zuerst mit dem Einschlagen von Gegen-
stempeln in die fremden Münzen, um schlechte und gute Groschen zu unterscheiden, bis die Städte
im Laufe der zweiten Hälfte und am Ende des 15. Jahrhunderts selbst zur Groschenprägung übergehen
mussten, da der durch Bevölkerungswachstum und zunehmenden Handel steigende Geldbedarf
größere Münznominale verlangte.
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren in den Städten Oberitaliens neue Goldmünzen
entstanden; der
fiorino d’oro
(oder Floren) von Florenz, der in Deutschland als Gulden bezeichnet und
mit
f l.
für
f lorenus aureus
abgekürzt wurde, und der
zecchino
von Venedig, der Vorläufer des Dukaten,
wurden bald in vielen europäischen Münzstätten nachgeahmt. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts ver-
breitete sich der Gulden auch in Deutschland. Vor allem der ‚rheinische Goldgulden’, der seit 1357
durch den Münzverein der vier rheinischen Kurfürsten geprägt wurde, spielte eine maßgebende Rolle
für die Einführung von Goldmünzen in Deutschland.
Während im norddeutschen Raum in Lübeck, Hamburg, Bremen, Lüneburg, Oldenburg und
Friesland schon im Spätmittelalter Goldgulden geprägt wurden, in Lübeck und Hamburg gegen Ende
des 15. Jahrhunderts auch Dukaten, führten die Welfenherzöge die Goldprägung erst im 16. Jahr-
hundert ein, obwohl im 15. Jahrhundert der rheinische Goldgulden als Handelsmünze schon überall
umlief.
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Die Stadt Braunschweig prägte gar erst 1622 ihre erste Goldmünze (siehe unten S. 204), rechnete
aber seit 1433 regelmäßig nach Goldgulden, wenn der Wert des Silbergeldes festgelegt wurde. Als 1499
die ersten Groschen in Braunschweig geprägt wurden, legte man fest, dass 10 große Groschen, 20
mittlere Groschen oder 40 kleine Groschen einem Goldgulden entsprechen sollten.
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