Seite 55 - Muenzbuch

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Die Zeit der ‚Kipper und Wipper’
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einem hohen Silberanteil geprägt war, wurde durch die Verschlechterung des Kleingeldes immer
weiter aufgebläht. Für einen guten Taler mussten fortschreitend mehr Kleinmünzen hergegeben
werden.
Wertanstieg des Talers im Vergleich zum Kreuzer
(nach Schrötter 1970, S. 306f.)
Jahr
1570
1575
1601
1611
1619
1620
Herbst 1622
Kreuzer pro Taler
68
72
84
90
108
180
über 1000
Auch im Braunschweigischen Land war der Wertverfall der Kleinmünzen ständig angestiegen.
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Wertverfall der Mariengroschen im Braunschweigischen im Vergleich zum Reichstaler
(nach Gerhard 2008b, S. 92)
Jahr
1556
1608
1618
1619
Ostern 1620 Herbst 1621
Mgr. pro Taler
36
40
48
60
90
288
Im Jahre 1621 wechselte der Kurs des Reichstalers im niedersächsischen Kreis fast wöchentlich.
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Kursentwicklung des Reichstalers im Vergleich zu Kleinmünzen im niedersächsischen Kreis 1621
(nach Buck 1935, S. 52)
Datum
16.4.1621 13.5.1621 30.7.1621 1.8.1621
19.8.1621 16.9.1621
Talerwert in
Kleinmünzen
3 Taler
4 Taler
5 Taler und
12 Mgr.
6 Taler
7 Taler
8 Taler
Auch die großen Staaten gingen zur Münzverschlechterung über und eröffneten zahlreiche neue
Münzstätten; diese wurden an Münzmeister verpachtet, die nur auf Gewinn aus waren. Dazu ge-
hörten Sachsen, Brandenburg, Schlesien, Anhalt, Hessen, Bayern und an führender Stelle auch das
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Sogar kleine Städte, die noch nie geprägt hatten, aber über
das Münzregal verfügten, begannen in der Aussicht auf rasche Gewinne Kleinmünzen herzustellen.
Da nach dem Gresham’schen Gesetz das schlechte Geld das gute verdrängt, begannen auch große
Handelsstädte, die eigentlich an einer stabilen Währung interessiert sein mussten, Kippermünzen her-
zustellen. Nürnberg beschäftigte jetzt sogar elf Münzmeister. Nur selten wagten gewissenhafte Münz-
meister und Münzwardeine sich den Vorgaben des Münzherrn zu widersetzen.
Die einsetzende Geldschwemme führte zu gewaltigen Preissteigerungen.
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Bald merkte die Be-
völkerung, dass man trotz der großen Menge an Münzen, die man nun besaß, nicht wirklich reich
war. Flugschriften klagten die unhaltbaren Zustände an
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, dass jeder nur versuche Wucherei zu be-
treiben und seine eigentliche Tätigkeit hintanstelle, darunter Ärzte, Juristen, Gelehrte. Bäcker und
Fleischer weigerten sich, für ihre Waren die Kippermünzen entgegenzunehmen. Gewinner waren die
Spekulanten, Hauptleidtragende die Festbesoldeten, weil ihre Gehälter in schlechtem Geld ausgezahlt
wurden.
Der Unmut, den das Unwesen der Kipperei in der Bevölkerung hervorrief, äußerte sich in Spott-
bildern (Abb. 184), aber auch in zahlreichen meist anonym gehaltenen Flugschriften
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wie in der 1621
erschienenen Schrift
‚Der wartzke mann von kippern und wippern / wo die kipper hergekommen? Wo
muentz ihre roeth genommen? Durch den jungen Casper Kipperfeind von Wipperstadt’
.
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Darin hat der
Verfasser folgende Grabschrift auf die Kipper und Wipper eingefügt
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: