Seite 14 - Quadriga

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Die Quadriga als kunst- und kulturgeschichtliches Thema
Diese Großtat ist nur durch das Bestreben
Ottmers zu verstehen, in der Quadriga über
die gewiss schmückende Wirkung und allge-
meine Symbolik eines Götterschutzes hinaus
den Höhepunkt der Bauskulptur des Schlos-
ses zu schaffen, die der besonderen symboli-
schen Erhöhung der jungen Herrschaft Her-
zog Wilhelms dienen sollte.
Thronstreit
Wilhelm war leider nicht im kronrechtli-
chen Sinne des 18. und 19. Jahrhunderts
durch das Geburtsrecht auf den Thron ge-
kommen. Er war nur der Zweitgeborene,
folgte aber dem Ruf zur Herrschaft nach
der Revolution in Braunschweig am 7. Sep-
tember 1830, die den rechtmäßigen Herzog,
seinen Bruder Carl II., gestürzt hatte, der
kronrechtlich jedoch nie abdankte. Der
neue Herzog strebte die Versöhnung mit
den Gegnern seines Bruders und mit der
Braunschweiger Bürgerschaft an, gestützt
auf die Stände und das braunschweigische
Staatsministerium. Eine Ablehnung des
Herrschaftsangebotes hätte in Braun-
schweig das Ende der welfischen Linie be-
deutet oder eine Regentschaft durch das
Haus Hannover wie zu Zeiten von Carls
Unmündigkeit oder gar durch ein fremdes
Herrscherhaus hervorgerufen.
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Figurenprogramm und Quadriga
Diese Thronkrise sollte das figürliche Pro-
gramm des Schlosses und auch den gesam-
ten Schlossbauplan beeinf lussen. Das neue
Regiment war optisch und inhaltlich zu
stärken, indem Ottmer es als weise, sieg-
reich und friedlich darstellen würde; die
Geschichte zeigt, dass diese Charakterzüge
die herzogliche Regierung auch tatsächlich
prägten. Darüber hinaus war das Besonde-
re an dem Bildprogramm, dass es direkt auf
Wilhelm bezogen wurde, der Herzog und
sein Regiment gleichermaßen in den
Schutz der Quadriga- und Giebelgottheiten
genommen und damit erhöht wurden.
Abb. 8
Schlossbaubüro, Zeichner
Louis Kuhne, Quadriga
mit Helios. Ausschnitt aus
dem Plan für den Portikus
und Nordwestf lügel des
Braunschweiger Residenz­
schlosses, um 1832,
Braunschweigisches
Landesmuseum.
Abb. 10
Carl Theodor Ottmer,
Quadriga mit Helios über
dem Portikus. Ausschnitt
aus dem oberen Skizzen­
blatt des Portikusentwurfs
von Abb. 9, um 1832.
Abb. 9
Carl Theodor Ottmer,
Portikusentwurf für das
Braunschweiger Residenz­
schloss, um 1832. Unter
dem Giebel die verbliche­
ne Inschrift: GVILELMUS
DUX EX INCENDIO
RESTITUIT,
Braunschweigisches
Landesmuseum.