Seite 17 - Topographie_der_Erinnerung

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Büssing fertigte Lastkraftwagen für die Wehrmacht und
gründete eine Tochtergesellschaft für den Flugzeugmoto-
renbau, Luther und Grotrian-Steinweg stellten auf Flug-
zeugbau um, die optische Industrie lieferte vorrangig für
Rüstungszwecke, die MIAG fertigte Panzer. Die Stadt än-
derte ihr Gesicht durch die Errichtung von zahlreichen Ka-
sernen und die Schaffung vom Parteieinrichtungen (SS-
Junkerschule im Schloß, Reichsakademie für Jugendfüh-
rung, Reichsjägerhof u.a.)
Mit Kriegsbeginn war das Aufrechterhalten der Rüs-
tungsproduktion nur durch den massenhaften Einsatz von
ausländischen Arbeiterinnen und Arbeitern möglich. Diese
wurden aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten
nach Deutschland geholt. Die so genannten Fremdarbeiter
waren in den seltensten Fällen freiwillig nach Braunschweig
gekommen. Hier waren sie diskriminierenden Bestimmun-
gen unterworfen, die ihre Freizügigkeit einschränkten, ihren
Lohn kürzten, ihnen unzureichende Kontingente an Lebens-
mitteln zuteilten und sie einem besonderen Strafrecht unter-
warfen. Diese Regelungen orientierten sich an der Hierarchie
der nationalsozialistischen Rassenideologie: „Westarbeiter“
waren danach besser gestellt als „Polen“, diese besser als aus
der Sowjetunion stammende „Ostarbeiter“.
Nach einer Aufstellung von Mitte 1944 waren im Ar-
beitsamtsbezirk Braunschweig (zu dem auch Wolfenbüttel
gehörte) 36.163 ausländische Zwangsarbeiter tätig, von
denen mehr als ein Drittel Frauen waren. Mehr als 15.000
waren „Ostarbeiter“, über 9.000 Polen.
Die Zwangsarbeiter waren zumeist in Barackenlagern
untergebracht, die in Fabriknähe aufgestellt wurden. Die
größten Lager befanden sich auf dem Schützenplatz, an der
„Dietrich-Klagges-Gartenstadt“, bei der Siedlung Ma-
scherode, in der Nachbarschaft der Niedersächsischen
Motorenwerke (Niemo), an der Ackerstraße und auf der
Kälberwiese. Eine (unvollständige) Zählung des Arbeits-
amts nennt 49 Wohnlager für ausländische Zivilarbeiter im
Stadtgebiet.
Neben diesen „zivilen“ Zwangsarbeitern wurden zahl-
reiche Krieggefangenenarbeitskommandos in der Stadt 23