Seite 20 - Voigtlaender+Sohn

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Peter Wilhelm Friedrich, geboren 1812, besuchte ab 1818 die Volks-
schule. 1821 wurde er in die erste Klasse der oberen Abteilung der K. K.
Normal-Hauptschule St. Anna versetzt, die er 1824 mit einem vorzüg-
lichen Abgangszeugnis verließ. Seine Lehrer attestierten ihm in allen
Fächern sehr gute Leistungen. 1825–1827 besuchte Peter Wilhelm
Friedrich die Realschule des K. K. Polytechnischen Institutes, wo er
ebenfalls als außerordentlich begabter Schüler auffiel.
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Parallel zum Realschulunterricht wurden ihm in der Werkstatt des
Vaters erste Kenntnisse des Mechaniker- und Optikerhandwerks ver-
mittelt. Am 17. November 1826 trat er hier offiziell eine vierjährige
Lehrzeit an. Thematische Schwerpunkte der Lehrlingsausbildung waren
Doppel-Perspektive und Brillen, aber auch mechanische Artikel wie der
Bau von Astrolabien, Kompassen, Quadranten und andere Produkte
der Voigtländerschen Werkstatt.
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1831 ging der junge Geselle, ganz der Handwerkstradition folgend,
zur weiteren Ausbildung auf Wanderschaft. Seine Reise führte ihn, wie
das überlieferte Reisenotizbuch ausweist, zunächst von Wien über Mün-
chen nach Stuttgart, wo er seinen Großvater Thiedemann besuchte.
Seine Reiseroute verlief sodann über Darmstadt, Ems und Koblenz nach
Zürich und Bern, anschließend nach Paris und London. Im Oktober
1832 verließ er England und reiste mit der Post über Belgien nach
Deutschland, um nochmals bei Thiedemann in Stuttgart anzuhalten.
Ca. 1833 nach Wien zurückgekommen, arbeitete er fortan in der Werk-
statt seines Vaters.
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Obwohl das Reisenotizbuch Peter Wilhelm Fried-
rich Voigtländers nur wenige Informationen über Arbeitsstätten und
Erfahrungen enthält, zeigen Eintragungen über Steinkohleabbau und
Stahlgewinnung deutlich das Interesse auf, das er der frühen englischen
Industrialisierung entgegenbrachte.
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Seine Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Entwicklungen auch
außerhalb seines Arbeitsgebietes sowie einen ausgeprägten Geschäfts-
sinn zeigt eine Episode aus dem Jahre 1834. Geben wir einem Zeitzeu-
gen das Wort, der im Oktober 1834 folgendes beobachtete:
„Eben komme ich aus dem Prater, wo ich an Bord von Herrn Voigt-
länders Dampfwagen eine angenehme Spazierfahrt mitgemacht habe.
Dies war die erste Produktion eines auf gewöhnlichen Straßen gehen-
den Dampfwagens in Wien oder vielmehr in Deutschland, und verdient
darum gewiß die Anerkennung und das allgemeine Interesse, welches
die dabei in großer Anzahl erschienenen Zuschauer an den Tag legten.
Nachdem die Maschine des Wagens auf dem Platze vor dem Zirkus im
Prater geheizt worden, lief derselbe um die bestimmte Stunde, von
Herrn Voigtländer selbst geleitet, in den Fahrweg der Hauptallee ein
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