Seite 13 - Westphalenzeit

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Napoleons gegen Russland drückten allerdings auf die Stimmung der Bürger
im früheren Herzogtum Braunschweig, denn sie waren u. a. verbunden mit
der Einziehung zum Kriegsdienst, Einquartierung, Steuerabgaben und den
Folgen der Kontinentalsperre.
Das Königreich Westphalen mit seiner Zentralregierung in Kassel führte ab
September 1807 einen Aufbau der Verwaltung nach französischem Vorbild
und eine Einteilung des Territoriums nach abstrakt-rationalen Prinzipien ein,
ohne Rücksicht auf historisch gewachsene Gebietseinheiten zu nehmen. Die
Neueinteilung des Staatsgebietes wurde von der Prämisse geleitet, möglichst
gleichgroße und vergleichbar bevölkerungsstarke Verwaltungseinheiten
auf der Departementsebene zu schaffen, die auch bisherige Landesgrenzen
überschreiten konnten. Die acht westphälischen Departements waren
in Distrikte, Kantone und diese wiederum in Munizipalitäten eingeteilt.
An ihrer Spitze standen Präfekten, Unterpräfekten und Maires. Ihnen bei-
geordnet als Vertretungskörperschaften standen auf der regionalen und
lokalen Ebene Departements- und Distriktskollegien sowie Munizipalräte.
Allerdings konnten sie kaum als Abbild demokratischer Selbstverwaltung
gelten. So ernannte der König für jedes Departement ein Wahlkollegium
von wenigstens 200 Mitgliedern auf Lebenszeit. Vier Sechstel von ihnen
sollten aus dem Kreis der Höchstbesteuerten, ein Sechstel aus der Klasse
der reichsten Kaufleute und Fabrikanten und ein Sechstel aus der Schicht
der Gelehrten und Künstler sowie anderer besonders verdienter Männer
stammen. Diese Wahlkollegien hatten dem König die Kandidaten für die
einzelnen Räte vorzuschlagen, wobei sie angewiesen worden sind, jeweils
die doppelte Zahl, gemessen an den zu vergebenen Sitzen, vorzuschlagen.
Die Ernennung der Räte nahm der König selbst vor.
Nach dem Staats- und Verwaltungsverständnis Napoleons und der
herrschenden Elite konnte in der Verwaltung ein Einzelner wirksamer
und einheitlicher handeln als ein Kollegialorgan. Insofern wurde das
französische Präfektursystem auf das Königreich Westphalen übertragen,
wonach dem Präfekten die gesamte Verwaltung seines Bezirkes unter-
stand. Ähnlich setzte es sich über die nachgeordneten Ebenen bis hin zu
den Munizipalitäten fort. Nach einer Instruktion vom 26. Januar 1808
bestanden die Aufgaben des Präfekten hauptsächlich aus der Aufsicht über
das Schulwesen, die Zuschüsse für Ackerbau und Gewerbe, Hospitäler und
Strafanstalten, das Fürsorge- und Gesundheitswesen, die Erhaltung des