Seite 28 - Westphalenzeit

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bildete sich dann fast selbstredend der Begriff „Schwarze Schar“ für das
Truppenkorps heraus. Nach Kampfhandlungen im Gebiet Sachsen/Ober-
franken folgte schließlich der Waffenstillstand von Znaim (heute: Znojmo,
in Tschechien, nahe der Grenze zu Österreich), am 12. Juli 1809. Herzog
Friedrich Wilhelm befand sich mit seiner Schwarzen Schar schließlich
in Zwickau. Dort machte er am 24. Juli seinen Mannen das Angebot zu
einem Zug durch Deutschland, um in sein Herzogtum zu gelangen. Nur
wenige wollten nicht mit, die weitaus meisten stimmten begeistert zu.
Die Schwarze Schar bewährte sich und nahm am 29. Juli Halberstadt im
Kampf ein.
Das Herzogtum wird erreicht
Am Sonntag, 30. Juli 1809, 14.00 Uhr, brach das Hauptkorps der Braun-
schweiger in Halberstadt auf, an der Spitze des Zuges marschierten die
gefangen genommenen westphälischen Militärmusiker. Gegen 16.00 Uhr
war der Graben erreicht, der die Grenze zwischen halberstädtischen und
dem braunschweigischen Gebiet darstellte. Kurz vorher war Herzog Fried-
rich Wilhelm überraschend – lediglich von den Hautboisten
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begleitet –
dem Korps vorausgeeilt. Es drängte ihn eine kindliche Sehnsucht, der Erste
zu sein, der den heimatlichen Boden, das Land seiner Väter betritt. Als das
Korps langsam nachrückend an der Grenze angekommen war, erscholl das
Vaterlandslied „Heil Dir im Siegerkranz“. Der Herzog ließ Halt machen, trat
in die Mitte seiner Krieger und richtete an sie, aus der Tiefe des Gemüts
kommende und mit Tränen begleitete Worte:
„Kameraden! Bis hierher half uns Gott der Herr! Dem Vater in der
Höh’ sei Ehr’! Ja, Kameraden! Gott und euerer Bravheit verdanke ich
die himmlische Freude, die vaterländische Erde wieder betreten zu
können. Der Himmel ist doch nirgends so schön blau, als da, wo wir ihn
zum ersten Male erblickten. Ihr tapferen Soldaten! Ihr braven, treuen
Menschen! Ihr verlaßt die väterliche Heimat, um einen durch Gewalt
mißhandelten Fürsten sein ihm geraubtes, väterliches Erbteil wieder
erobern zu helfen. Diese Liebe und Anhänglichkeit wird euch einst
belohnt werden. Jetzt nehmt meinen innigsten Dank, den je ein Mensch
empfangen. Auf dieses Schwert hat jeder von euch Anspruch, so wie
auf dieses Haupt. (Bei diesen Worten nahm der Herzog seine Mütze ab.)
Mein Herz ist euer und von diesem Augenblicke an betrachte ich euch
alle wie meine Kinder.“