Seite 31 - Westphalenzeit

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Stadt herum, um vor dem Petritor das Nachtlager einzurichten. Der Herzog zog
mit wenigen Getreuen in die Stadt, von Jubel empfangen. Fackelschein wies
den Weg zum Schloss, nur kurze Zeit verweilte der Herzog in den vertrauten
Räumen. Die Bevölkerung jubelte weiter ihrem Herzog zu, aber es trieb ihn
weiter, zu seinen Kriegern, die bereits vor dem Petritor lagerten. Dort fand auch
er sein Nachtlager, auf einer Strohschüttung. – Jedoch, und das beunruhigte
ihn, war schlimme Nachricht eingetroffen. Von Celle näherte sich General
Reubell mit seiner Truppe, Voraus-Einheiten hatten bereits Ohof erreicht.
Der 1. August 1809
Am Morgen erließ Herzog Friedrich Wilhelm die Proklamation, mit der er
förmlich von seinem Land Besitz ergriff. Sein Vater Herzog Karl Wilhelm
Ferdinand (1735-1806) war verstorben, inzwischen hatte König Jérôme
im jetzt bestehenden Königreich Westphalen die Herrschaftsrechte über-
nommen. Herzog Friedrich Wilhelm – als Erbe des Herzogsthrones – hatte
nie, weder im Frieden von Tilsit noch zu einem anderen Zeitpunkt, auf seine
Rechte als Landesherr verzichtet. Allerdings hatte er bislang auch keine
Gelegenheit gehabt, seinen Rechtsanspruch zu erheben. Denn dazu war
seine Anwesenheit im Land erforderlich, das hatte er allerdings – als Mit-
kämpfer in der Schlacht bei Jena und Auerstedt, am 14. Oktober 1806, in der
sein Vater tödlich verletzt wurde – bereits verlassen, bevor sein Vater starb.
Die Proklamation, auf Anweisung in der Viewegschen Druckerei in vielen
Exemplaren hergestellt, hier im Wortlaut:
„Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-
Lüneburg u.s.w. fügen allen und jeden, insonderheit aber den guten Ein-
wohnern der sämmtlichen braunschweigischen Lande, zu wissen: da Uns
die Regierung der braunschweigischen Lande, wolfenbüttelschen Antheils,
durch die von Unseren Herren Brüdern zu Rostock, den 27. October 1806,
geschehene Renunciation (= Abdankung; hier: Thronverzicht von Georg
und August, der beiden älteren, erblindeten Brüder des nunmehrigen
Herzogs Friedrich Wilhelm) und durch das bald erfolgte Ableben Unseres
Herrn Vaters anheimgefallen und dann durch die göttliche Vorsehung Zeit-
umstände herbeigeführt sind, welche es Uns unmöglich machten, der bis-
herigen Usurpation (= widerrechtliche Aneignung) Unserer Lande ein Ziel
zu setzen und deren Regierung wirklich anzutreten; so ergreifen Wir hier-
mit als Herzog von Braunschweig-Lüneburg und als einziger, rechtmäßiger