Seite 37 - Zwangsarbeit

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lung Kleineisenwerk Helmstedt oder der Helmstedter Maschinen-Bau AG. Aus den
Quellen geht hervor, dass Betriebsärzte
den Krankenstand ... günstig beeinflusst haben.
Die
kassenärztliche Vereinigung Deutschlands meldete am 30. Juni 1944 in einem Schreiben
an das Reichsarbeitsministerium den Erfolg restriktiver Maßnahmen. In den ihnen
zukommenden Berichten ihrer Landesstellen sei
die freie Arztwahl für ausländische Zivil-
arbeiter fast ausnahmslos in allen denjenigen Fällen aufgehoben worden, in denen diese lager-
mäßig untergebracht worden sind. Im übrigen ist überall dort, wo in den Betrieben revierärzt-
liche [=betriebsärztliche] Behandlung eingerichtet werden konnte, die freie Arztwahl je nach
den örtlichen Erfordernissen auch für ausländische Arbeitskräfte aufgehoben worden [sei], ...
es kann dabei darauf hingewiesen werden, dass der Krankenstand gerade bei den ausländi-
schen Arbeitern nach den uns zugegangenen Berichten fast ausnahmslos günstiger liegt als bei
den deutschen Gefolgschaftsmitgliedern, ...
Welche Art der Behandlung von kranken ausländischen Zivilarbeitern durch die
AOK Braunschweig bezahlt wurde, wird im Abschnitt Krankheiten weiter hinten behan-
delt.
Das Beispiel Braunschweig im Zahlenvergleich
Dank der Kartei lässt sich nachweisen, dass von 1938 bis April 1945 49.229 Fremd-
arbeiter in Stadt und Landkreis Braunschweig ihre Arbeit aufgenommen haben und bei
der AOK versichert waren. Ermittelt werden kann auch, zu welchem Zeitpunkt die
Anmeldung erfolgte. Nicht gesagt werden kann, wie lange diese Fremdarbeiter in Braun-
schweig verblieben und so kann auch nicht gesagt werden, wie viele der bei der AOK
Versicherten sich an einem bestimmten Stichtag in einem Beschäftigungsverhältnis
befanden.
Wie die Arbeitsämter im ganzen Deutschen Reich ermittelte auch das Arbeitsamt
Braunschweig die Gesamtzahl der
ausländischen Arbeiter und protektoratsangehörigen
Angestellten
11
. Danach waren im Mai 1944 im Arbeitsamtsbezirk Braunschweig, der
neben Stadt und Landkreis Braunschweig auch den Landkreis Wolfenbüttel umfasste,
35.287 Fremdarbeiter beschäftigt. Die höchste vom Arbeitsamt Braunschweig ausge-
wiesene Zahl wurde im September 1944 mit 42.609 erreicht. Eine Sonderauszählung der
Stichprobe der bei der AOK Versicherten ergab für den Mai 1944 hochgerechnet 26.220
und für den September 31.380. Unter Vernachlässigung der wenigen im Landkreis Wol-
fenbüttel beschäftigten Fremdarbeiter ergibt sich, dass rund 75 % aller Fremdarbeiter bei
der AOK versichert waren
12
. Trotz dieses hohen Anteils der AOK-Versicherten ergibt die
Auswertung kein vollständiges Abbild aller in Braunschweig beschäftigten Fremdarbei-
ter, da Facharbeiter eher aus westeuropäischen Ländern kamen und daher eher in Betrie-
ben mit höheren Qualitätsanforderungen an das Personal eingesetzt wurden, die eigene
Betriebskrankenkassen hatten.
11
StA WF 12 Neu 18 Nr. 782 (zum Stichtag 15. Mai 1944): Der Arbeitseinsatz im Gau Südhannover-Braun-
schweig. Statistisches Mitteilungsblatt des Gauarbeitsamtes Südhannover-Braunschweig, Heft 7 (Juli) 1944,
Übersicht 7, S. 6; zum Stichtag 30.9.1944 vgl. Der Arbeitseinsatz im Großdeutschen Reich Nr. 11/12 vom
30. Dezember 1944. Hg. vom Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Tab. 5, S. 26.
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Da sich das Einzugsgebiet der AOK Braunschweig nur auf Stadt und Landkreis Braunschweig bezieht, der
Arbeitsamtsbezirk aber zusätzlich den Landkreis Wolfenbüttel umfasst, handelt es sich bei den Prozentan-
gaben um Mindestangaben.