Seite 118 - Fallersleben

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Zur Erinnerung und Mahnung
HEINZ-GÜNTER GUTMANN
Auf dem Friedhof in Fallersleben befinden sich ins­
gesamt 20 Kriegsgräber. Es ruhen dort 16 deutsche
Soldaten und Zivilisten, alle wurden bei den letzten
Kämpfen um Fallersleben während des Zweiten Welt­
krieges getötet. Außerdem gibt es noch vier weitere
Gräber anderer Staatsangehöriger. In der Gräberliste
werden die Toten als tschechische, polnische Zivil­
arbeiter und als Ostarbeiter geführt. Der Friedhof
Fallersleben wurde im Jahre 1872 durch die evan­
gelische Kirchengemeinde eingeweiht und blieb bis
1969 in kirchlicher Verwaltung. Anschließend über­
nahm die Stadt Fallersleben die Verwaltung und gab
sie mit der Gebietsreform an die Stadt Wolfsburg weiter.
Laut Genfer Konvention haben Kriegsgräber ein ewiges
Ruherecht. Die Kriegsgräberstätte wird von der Stadt
Wolfsburg gepflegt.
Vorrückende amerikanische Truppen hatten bereits
am 11. April 1945 Fallersleben erreicht und einige Tage
später auch Wolfsburg besetzt, damals noch „Stadt des
KdF- (Kraft durch Freude) Wagens“. Der Krieg schien
für die Zivilbevölkerung in diesem Teil Deutschlands
zu Ende zu sein. Doch weit entfernt in Berlin wurden
vom „Führer“ Adolf Hitler als Oberbefehlshaber der
Wehrmacht Entscheidungen getroffen, die sich später
auch in Fallersleben auswirken sollten. Die Alliierten
landeten am 6. Juni 1944 in der Normandie und
stießen rasch durch Frankreich vor. Am 15. August
1944 begann eine zweite Invasion in Südfrankreich. 10
Tage später wurde Paris befreit und am 7. März 1945
gelang den Alliierten die Überquerung des Rheins über
die unzerstörte Brücke von Remagen. Es wurden auf
der rechten Seite des Rheins Brückenköpfe errichtet
und in der Folge das Ruhrgebiet eingekreist. Der Krieg
war objektiv gesehen seit langem verloren und der fort­
gesetzte Kampf angesichts der militärischen Kräftever­
hältnisse völlig aussichtslos. So wurde die im Westen
eingesetzte Heeresgruppe B durch überlegene britische
Zur Erinnerung und Mahnung: Das Kriegsende und Kriegsgräber in Fallersleben
und amerikanische Kräfte am 1. April 1945 im Ruhr­
kessel eingeschlossen und kapitulierte am 18. April
1945. Der Vorstoß der Alliierten ging weiter nach Nord­
deutschland hinein.
In dieser für die deutsche Kriegsführung aussichts­
losen Lage sollte am östlichen Flügel der Heeresgruppe
H ein neuer Großkampfverband aufgestellt werden und
zwar unter der Bezeichnung 39. Panzerkorps. Es sollte
aus der Infanteriedivision „Schlageter“, der 84. In­
fanteriedivision und der 45. Panzerdivision „Clausewitz“
bestehen. Die Division „Clausewitz“ wurde im April
1945 bei Lauenburg an der Elbe aktiviert. Sie war die
letzte neu aufgestellte Panzerdivision des deutschen
Heeres und der 12. Armee des Generals Walther Wenck
unterstellt. Seine Armee war bald die letzte Hoffnung
Adolf Hitlers im von der Roten Armee angegriffenen
Berlin. Die militärische Gesamtlage stellte sich so dar,
dass die amerikanischen Truppen im Raum Frankfurt/
Aschaffenburg standen, die Briten waren bis südlich
von Bremen vorgestoßen und die Rote Armee stand an
der Oder vor Küstrin und damit unmittelbar vor den
Toren der Reichshauptstadt.
Die Panzerdivision „Clausewitz“ erreichte nur
Brigadestärke. Sie war schlecht ausgerüstet und ihre
Stärke bestand, wie bei so vielen deutschen Einheiten
am Ende des Krieges, nur auf dem Papier. Am 15. April
1945 befahl Hitler aus dem fernen Berlin das sofortige
in Marsch setzen des 39. Panzerkorps nach Süden mit
dem Ziel, sich mit der 11. Armee im Harz zu vereinen.
Anschließend sollte sie die Heeresgruppe B, die im
Ruhrkessel eingeschlossen war, entsetzen. Der
Kommandierende General des Panzerkorps Karl Decker
protestierte, führte den Befehl aber trotzdem aus.
Bereits nördlich des Mittellandkanals wurde das Gros
der Truppen von den Amerikanern zum Kampf gestellt
und aufgerieben. Lediglich der III. Kampfgruppe ge­
lang es, die Amerikaner bei Fallersleben zu über­