Seite 62 - Fallersleben

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„Von Gottes Gnaden Wir Clara“
nis, in dem sich die geistliche Herrschaft der weltlichen
unterzuordnen hat, was dem Herrscher nicht zuletzt
auch materiellen Gewinn verspricht. So ist es nicht ver­
wunderlich, dass die neuen Ideen Martin Luthers bei
ihm auf Wohlwollen stoßen. „Als Kind einer derben
Zeit schreckt er auch vor gewaltsamen Übergriffen
nicht zurück. Er verfolgt seine staats- und kirchen­
politische Linie mit Energie, ohne freilich immer Erfolg
zu haben“.
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Als Politiker handelt Magnus eher elastisch
und abgewogen. So sympathisiert er zwar früh mit den
Ideen Luthers und führt bereits 1526 in seinem Land
Hadeln den evangelischen Glau­ben ein. Den Kampf für
die lutherische Sache gegen Kaiser und Reich wagt er
allerdings nicht.
Claras Mut­ter Katharina von Braunschweig-Lüne­
burg (1488-1563) stellt in der Zeit der Auseinander­
setzungen um den neuen Glauben das Verbindungs­
glied zum katholischen Zweig der Welfen dar: Ihr
Bruder Heinrich der Jüngere (1489-1568) gilt als der
letzte katholische Fürst im niedersächsischen Raum.
Seine kaisertreue Politik macht ihn zu einem der hef­
tigsten Gegner der Refor­mation im norddeutschen
Raum aber auch zu einem einflussreichen Politiker.
Diese familiären Bindungen werden in der Folge für
Clara und auch für Franz von unschätzbarem diplo­
matischem Wert sein.
Katharinas katholische Schwester Elisabeth (um
1491-1563) ist Priorissa des Augustinerinnenstifts Ste­
ter­burg. Dort wird später auch die junge Clara erzogen.
Clara ist das vierte Kind aus dieser Verbindung. Ihr
einziger Bruder Franz I. (1510-1581) wird seinem Vater
auf den Herzogsthron folgen. Ehrgeiz und Eigen­
interessen lassen ihn bald die evangelische Sache, bald
das kaiserliche Lager unterstützen. Während seiner Re­
gie­rung befindet sich das Herzogtum in derart desola­
ten finanziellen Verhältnissen, dass eine Auszah­lung
von Claras Mitgift nicht vorgenommen werden kann.
Zu ihrer acht Jahre älteren Schwester Dorothea
(1511-1571) hat Clara die engste Verbindung. Bis zu
ihrem Tod 1571 stehen die Schwestern in Kontakt.
Immer wieder erkundigt Clara sich bei ihrem Neffen
Herzog Wilhelm dem Jüngeren, der mit einer Tochter
Dorotheas verheiratet ist, nach ihrem Wohlergehen.
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1525, im Alter von 14 Jahren, heiratet Dorothea
Christian III. von Schleswig-Holstein. An seiner Seite
wird sie 1537 zur dänischen Königin gekrönt. Zu dieser
Zeit ist auch Clara für einige Jahre am dänischen
Königshof.
Katharina (1513-1535), Claras zweite Schwester,
heiratet König Gustav I. von Schwe­den. Die Ehe der
beiden scheint problematisch gewesen zu sein.
Katharina fühlt sich in dem fremden Land nicht wohl,
hat Heimweh. Der fast 20 Jahre ältere Ehemann bleibt
ihr fremd. Dennoch bringt sie 1533 den ersehnten
Thronfolger Erik XIV. zur Welt. Danach erkrankt sie
und stirbt 1535 an ihrem 22. Geburtstag.
Was sich für uns heute eher befremdlich anhört, war
damals gang und gäbe. Im 16. Jahrhundert wurden
Ehen imAdel ausschließlich unter dynastisch-politischen
Gesichtspunkten geschlossen. Wenn ein Zusammen­
leben überhaupt nicht funktionierte, gab es zu­mindest
für die männlichen Familienmitglieder die Mög­lichkeit,
sich umzuorientieren und sich eine Mätresse bzw. Lieb­
schaften zuzulegen. Claras Bruder Franz beispielsweise
zeugte neben acht ehelichen auch zwei uneheliche
Kinder mit seiner Mätresse. Dieser Weg war den Frauen
allerdings verwehrt. Ihnen blieb nur im Anschluss an
die Pflichterfüllung, das heißt dem Gebären von einem
oder mehreren männlichen Nachfolgern, zu ihrem
Mann auf Distanz zu gehen – sofern dieser das zuließ.
Auch wenn Katharina die Thronerhebung ihrer
Schwester Dorothea nicht mehr miterlebt hat, dürfte die
Tatsache, dass Clara über ihre Schwestern in direkter
Linie mit zwei europäischen Königshäusern verwandt
war, ihren „Marktwert“ deutlich gesteigert haben.
Den beiden jüngeren Schwestern Claras, Sophie
(1521-1571) und Ursula (ca. 1523 – nach 1565), ist eine
solche „Steilkarriere“ nicht beschieden. Aber auch sie
machen gute Partien. Sophie ehelicht Graf Anton von
Oldenburg und Ursula Heinrich V. den Friedfertigen
von Mecklenburg. Graf Anton wird später per kaiser­
lichem Mandat zu einem der Vormünder der beiden
Claras ältere Schwester Dorothea heiratet
Christian III. von Schleswig-Holstein.
Dieser wird 1537 König von Dänemark.
Katharina, Claras zweite Schwester,
heiratet König Gustav I. von Schweden.