Seite 16 - Juedische_Familien

Basic HTML-Version

16
(damals so genannten) Atzumer Weg. Der Friedhof wurde mehrfach erweitert.
8
Die christ-
lichen Einwohner tolerierten oder drangsalierten die Juden entsprechend des jeweiligen
Zeitgeistes. 1712 erließ Herzog Anton Ulrich mehrere Edikte gegen die als
Betteljuden
bezeichneten schutzlosen Juden. Erschienen sie im Land, erwartete sie körperliche Züchti-
gung. Sollte ein Jude bei geleistetemWiderstand
übel traciret werden
, ging der Täter straffrei
aus. Verhaftete Juden konnten bei fehlender
Mitarbeit
gefoltert werden. Sie erhielten Gefäng-
nisstrafen von 14 Tagen und wurden ausgewiesen. Im Wiederholungsfall sollten die Juden
zuerst dem Staupenschlagen
(Auspeitschung mit Ruten) unterzogen und dann mit einem
Brandmal belegt werden. Im dritten Fall drohte ihnen der Tod durch den Strang.
Einzelne, mit Schutzbriefen versehene, jüdische Familien gelangten
zu bedeutendem
Reichtum und wurden Finanzpartner vor allem der Fürsten.
9
Das gute Verhältnis der Juden
zu den Herrschern war, wenn es Judenfeinden passte, oft Anlass zu neuen Diskriminie-
rungen. Die Auswirkungen ihres Schaffens, ob negativ oder positiv, blieben verdächtig.
Während des Siebenjährigen Krieges eroberten die Franzosen am 10. Oktober 1761
Wolfenbüttel. Sie verlangten von der Stadt eine hohe Zwangssteuer in Gold, da während
der Belagerung fortwährend die Glocken der Hauptkirche geläutet worden waren. Als
die Summe nicht aufgebracht werden konnte, bezahlte Samson Gumpel mit einem
Wechsel. Die Familie Samson ist mit der Geschichte der Stadt Wolfenbüttel und der des
Herzogtums Braunschweig eng verbunden. Als dessen Finanzen 1763 in einen desola-
ten Zustand gerieten, trug Kammeragent Herz Samson erheblich dazu bei, das Herzog-
tum vor dem Staatsbankrott zu bewahren.
10
Nach Albert Marx haben Juden für die nie-
8
Vgl. Bein, Ewiges Haus, S. 83 ff.
9
Busch, Ralf, Jüdische Familien vor Erlangung der bürgerlichen Gleichstellung, in: Lessings „Nathan“ und
die jüdische Emanzipation im Lande Braunschweig, Lessing-Akademie Wolfenbüttel 1990, S. 47.
10
Vgl. Schulze, Hans, Beiträge, S. 27.
Lehrer und Schüler vor dem Schulgebäude in der Komissstraße.