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erneut auf, die Wohnung zu
verlassen. Trotz seiner
Reparaturen bestünde für
ihn
Gefahr an Leib und
Leben
. Würde er nicht aus-
ziehen, sehe er, Wein, sich
genötigt,
die Räumung des
Hauses durchzuführen
579
. R.
teilte darauf hin mit, er
werde in die ihm zur Verfü-
gung gestellten Wohnung
am 2. Januar 1942 einzie-
hen. Circa acht Monate
nach der endgültigen Räu-
mung des stark baufälligen
Hauses musste Martha
Grünberg das Haus bezie-
hen.
Selten wurde den jüdi-
schen Wol fenbüttelern
geholfen. Otto Märtens war
Kreiswalter der Deutschen
Arbeitsfront. Seine Schwie-
gertochter teilte mir mit, er
habe den Juden nie feind-
lich gegenübergestanden.
Sie legte mir eine Aussage
des Viehhändlers Georg
Kappmeier vor, die er im
April 1947 schriftlich nie-
dergelegt hatte. Darin heißt es unter anderem:
Als jüdische Familien aus ihren Wohnun-
gen in ein baufälliges Haus in der Karrenführerstraße
580
untergebracht wurden, hat Herr
Märtens sich auf Bitten eines Maurermeisters von den unmöglichen Zuständen überzeugt.
(Bei anderen Parteistellen fand man kein Verständnis hierfür.)
Märtens habe für
Öfen und
Fensterscheiben gesorgt, trotzdem er mit diesen Dingen so gut wie nichts zu tun hatte. Ich gebe
dieses Urteil ab, um bei der Beurteilung des Genannten der Wahrheit und Anständigkeit die
Ehre zu geben. Für diese Sache wurde Herr Märtens von der Partei mit einem strengen Ver-
weis bestraft.
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Schon 1938 hatte die SS-Zeitung „Das schwarze Korps“ festgestellt, Deutschen könne
nicht mehr zugemutet werden, mit Juden länger unter einem Dach zu leben:
Die Juden
müssen daher aus unseren Wohnhäusern und Wohnvierteln verjagt und in Straßenzügen oder
Häuserblocks untergebracht werden, wo sie unter sich sind und mit Deutschen so wenig wie mög-
579
Ebd.
580
Die Karrenführerstraße gab es bald nach 1945 nicht mehr, sie wurde Teil der Harzstraße.
581
Gespräch mit Frau K.
Standorte der „Judenhäuser“ in der Langen Straße und der
nicht mehr existierenden Karrenführerstraße.