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Ausländische (Zwangs-)Arbeiter 1940-1945 bei der Firma
Büssing
Die ersten ausländischen Arbeiter, die nach Braunschweig gebracht wurden, waren Polen.
Bis Oktober 1940 wurden in der Stadt 49 Gemeinschaftslager für 2.428 polnische Arbeiter
errichtet.
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In einem ersten Verzeichnis von Gemeinschaftslagern für „Arbeiter polni-
schen Volkstums“ in Braunschweig vom 31.5.1940 gab es noch kein Lager der Fa. Büssing.
Erst in den nächsten Monaten werden drei Lager dieser Firma verzeichnet: in Querum, in
der Heinrich-Büssing-Straße und im Pipelweg 69.
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In den Jahren 1940 bis 1943 stieg die
Zahl der Arbeitskräfte bei Büssing um 30%, obwohl die deutschen Männer zur Wehr-
macht eingezogen wurden. Diese Steigerung der Arbeitskräfte erfolgte fast ausschließlich
durch die Beschäftigung von Ausländern.
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Die Zahl der ausländischen Arbeiter bei den
Büssing-Automobilwerken betrug im Juni 1944 2.819. Zusammen mit 247 russischen
Kriegsgefangenen stellten sie 49% der gesamten Belegschaft.
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Bis Kriegsende unterhielt
bzw. pachtete die Fa. Büssing-Automobilwerke folgende Lager für ausländische Arbeiter:
– Lager „Mascherode“. Dieses Barackenlager befand sich in der Salzdahlumer Straße,
Ecke Robert-Ley-Straße (heute Griegstraße) und wurde wahrscheinlich 1941 errichtet.
Dort waren ca. 1.000 Arbeiter, darunter Frauen und Kinder, untergebracht. Die zahlen-
mäßig größten Nationengruppen bildeten sowjetische Bürger und Franzosen, denen
Niederländer, Polen, Tschechen und Rumänen folgten. In unmittelbarer Nähe zu die-
sem Lager befand sich ein weiteres Lager für sowjetische Kriegsgefangene, die ebenfalls
bei Büssing arbeiten mussten.
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– Lager „Schützenplatz“, welches das Straßenbauunternehmen Spindler verwaltete. Die
Fa. Büssing pachtete dort eine allerdings nicht bekannte Zahl von Plätzen.
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– Gemeinschaftslager der Braunschweiger Industrie, genannt auch „Lager Dietrich-Kla-
ges-Stadt“ (heute Gartenstadt). Das Lager wurde 1943 errichtet, die Fa. Büssing dürfte
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Liedke/Rother, Industrie, S. 60. Vgl. Liedke, Karl: Gesichter der Zwangsarbeit. Polen in Braunschweig 1939-
1945, Braunschweig 1997 (weiter: Liedke, Gesichter).
20
Schreiben des Polizeipräsidenten Braunschweig an den Br. Minister des Innern vom 31.5.1940, vom
29.6.1940 und vom 9.10.1940, in: Nds. StAWf, 12 Neu 13h Nr. 15743, 15744.
21
Seher-Thos, Technische Entwicklung, S. 228; Treue, Entwicklung, S. 177. Beide Autoren weisen bei der
Angabe über die Steigerung der Arbeitskräfte auf keine Quelle hin. Dem Autor dieses Textes teilte das MAN-
Archiv u.a. Folgendes mit: „Unterlagen über die Personalentwicklung [der Fa. Büssing] in oben genanntem
Zeitraum liegen uns nicht vor“, in: Schreiben v. 06.5.1994.
22
Bundesarchiv Berlin, Reichsgruppe Industrie R 12 I Nr. 103 u. 104.
23
Vernehmungsprotokoll vom 29.4.1963, Polizeidirektion Braunschweig. Der Vernommene, Rentner Wilhelm
F., leitete von 1941 bis 1945 das Lager „Mascherode“, in: Nds. StAWf, 62 Nds Fb.2 Nr.27 (weiter: Lagerführer
Wilhelm F. 1963).
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Lagerführer Wilhelm F. 1963. Diese Zahl dürfte ca. 900 betragen: Das ganze Lager hatte ca. 1.100 Plätze, in:
Archiv des Arbeitsamtes Braunschweig, 1242 B, Aufstellung der Lager. Da die gesamte Zahl der ausländi-
schen Arbeiter bei der Fa. Büssing im Jahre 1944 2.819 betrug, und im eigenen Lager „Mascherode“ ca. 1.100
Personen untergebracht waren, könnten im Lager „Schützenplatz“ und im Lager „Dietrich-Klagges-Stadt“
(s. unten) je 900 Plätze gemietet worden sein.