Seite 28 - Raabe_inspiriert

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digen Versteinerungen gefunden zu werden, hat für
den gemütlich angelegten, denkenden Menschen
soviel Anregendes, dass sie ihn, und noch dazu,
wenn er Zeit dafür hat, unbedingt in die Prefetakt-
enkunde, in die Pa-lä-on-to-logie führt.“ Er zwinkert
mir zu und hebt tatsächlich den Daumen.
Es klänge bestechend, zu behaupten, meine
Feindseligkeit den Schülern gegenüber sei der Schat-
ten eines irrlichterloh bestrahlten Idealismus. Ver-
mutlich aber versteckt sich lediglich eine noch un-
benannte, nörgelige Eifersucht tief in meinem
Inneren. Die jedenfalls ist lüstern. Sie lechzt nach
Opfern. Dämpfend wirkt hin und wieder mein Er-
staunen über die Geduld, die die Schüler mit mir
haben. Heute bin ich einfach bloß müde. „Es heißt
Petrefaktenkunde, Torben. P-e-t-r-e-faktenkunde,
verstehst du, Petre wie Petri, das hat mit Steinen zu
tun“, seufze ich. Er nickt und grinst.
Ich musste Stopfkuchen mit ihm besetzen. Unter
den zehn Schülern in diesem Jahrgang besitzt nur er
annähernd die körperliche Präsenz, die die Figur
verlangt. Die erforderliche geistige und rhetorische
Raffinesse hat er indessen bislang geschickt verbor-
gen gehalten. Überhaupt bestätigt die heutige Probe,
drei Wochen vor der Aufführung, ein weiteres Mal,
dass sämtliche Rollen, mit Ausnahme der Leiche
des alten Briefträgers Störzer, fehl-, wenn auch
zwangsläufig fehlbesetzt sind.
Dieser Umstand wird kein Pfund, nicht einmal
ein Pfündchen zu meinen Gunsten in der Waag-
schale sein. Die Schuld für einen Misserfolg wird
man trotzdem mir anlasten. Und in der Folge werde