Seite 59 - Zwangsarbeit

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Anhang: Verzeichnis der Lager in Land und Stadt
Braunschweig 1939-1945
Versuch einer Zusammenstellung aus Befragungen, teilweise offiziellen
Meldungen und zeitgenössischen Quellen
Norman-Mathias Pingel
Zur nationalsozialistischen Zwangsarbeit gehört untrennbar das engmaschige Netz von
Lagern, das hier für das Land Braunschweig (mit Ausnahme des Landkreises Holzmin-
den) aufgelistet und dargestellt werden soll. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung
„Zwangsarbeit und Kriegswirtschaft im Lande Braunschweig 1939-1945“ wird nachfol-
gend erstmals die „Belgische Lagerliste“ ausgewertet, die nach Kriegsende auf Veranlas-
sung des Belgischen Nationalen Suchdienstes im Regierungsbezirk Braunschweig (wie
auch in der gesamten britischen Besatzungszone) erstellt worden ist. Die seit 1948 durch-
geführte „Enquête sur les prisons et les camps douteux“ („Suche nach zweifelhaften /
mutmaßlichen Gefängnissen und Lagern“), die im Service des Victimes de la Guerre
(SVG) in Brüssel unter BUR 70 I / 380 und II /381 archiviert ist
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, sollte Beweismateri-
al bereitstellen, um die für ehemalige belgische Zwangsarbeiter und andere Opfer der
deutschen Besatzung vom belgischen Staat vorgesehene Entschädigung auf eine mög-
lichst sichere Faktengrundlage zu stellen. Belgische Suchoffiziere übersandten den deut-
schen Betrieben, die Ausländer beschäftigt hatten, sowie den örtlichen Polizeidienststel-
len standardisierte Fragebögen über Standort, Größe, nationale und personelle
Zusammensetzung des Lagers, wobei auch Lebens- und Arbeitsverhältnisse erfragt und
Namenlisten erbeten wurden.
Die vorhandenen Fragebögen weisen vor allem bei der zahlenmäßigen Erfassung der
beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte erhebliche Unschärfen auf. Vielfach werden
nur grobe Schätzwerte, z.T. in Prozentangaben geboten oder auch Durchschnittszahlen.
Die ungenauen Zahlenangaben werden vielfach von den betreffenden Unternehmen auf
Verluste bei Luftangriffen oder bei Plünderungen nach Kriegsende zurückgeführt. Oft-
mals wird bei den Zahlenangaben nicht deutlich, ob es sich um geschätzte jährliche
Durchschnittszahlen oder Gesamtzahlen handelt. Die Nationalitätenangaben scheinen
besonders dann (im Rahmen des individuellen Gedächtnisses) glaubhaft zu sein, wenn
in einem Unternehmen innerhalb eines bestimmten Jahres nur Angehörige einer Natio-
nalität zur Arbeit eingesetzt waren.
Die unzureichenden Zahlenangaben in der „Belgischen Lagerliste“ hatten zur
Folge, dass die Angaben zur lagermäßigen Unterbringung von Ausländern seitens
unseres Projektes durch zusätzliche zeitgenössische Quellenangaben ergänzt werden
mussten. Diese zusätzlichen, in der Spalte „Angaben aus zeitgenössischen Quellen“
enthaltenen Angaben, die aufgrund der uneinheitlichen Quellenlage und der unter-
schiedlichen Erhebungsmethoden keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wol-
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Kopie als Mikrofilm im StA WF vorhanden